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Gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung kann leicht falsche Erwartungen wecken. Strenge Regeln sollen Verbraucher*innen schützen. Doch das System hat seine Tücken.

Margarine-Packung mit Health-Claim auf Etikett
Peter Meyer/BLE

Gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel müssen stimmen und dürfen Verbraucher*innen nicht täuschen. Das klingt einfach, hat jedoch in der Praxis immer wieder zu Problemen geführt. Etwa wenn es um die Entscheidung ging, wann eine Aussage richtig ist und als wissenschaftlich erwiesen gilt. Mit der Health-Claims-Verordnung wurde daher ein Zulassungsverfahren für gesundheitsbezogene Angaben eingeführt. Das soll gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen:

  • eine bessere Information des Verbrauchers mit Hilfe unabhängig geprüfter, wissenschaftlich erwiesener Gesundheitsangaben
  • mehr Rechtssicherheit für Hersteller und
  • ein besseres Funktionieren des EU-Binnenmarktes durch EU-weit einheitliche verbindliche Regelungen.

Liste zugelassener Angaben noch unvollständig

Die Regel heißt jetzt also: Gesundheitsbezogene Angaben dürfen in der Lebensmittelwerbung nur verwendet werden, wenn sie von der Europäischen Kommission ausdrücklich zugelassen wurden und nicht täuschend sind. Herzstück dieses Zulassungsverfahren ist eine wissenschaftlich unabhängige Prüfung der Gesundheitsangaben durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Auf Basis dieser Bewertung trifft die EU-Kommission eine rechtlich verbindliche Entscheidung, ob mit einer Aussage geworben werden darf oder nicht. Gesundheitsangaben, die dieses EU-Zulassungsverfahren nicht bestanden haben, sind für Lebensmittel tabu. Das System hat nur einen Haken: Noch immer sind die Zulassungsverfahren für unzählige Anträge nicht abgeschlossen. Momentan gibt es daher drei Kategorien von Gesundheitsangaben:

  • zugelassene Gesundheitsangaben wie zum Beispiel "Alpha-Linolensäure unterstützt die Erhaltung eines normalen Cholesterinspiegels" oder "Biotin unterstützt die normale Funktion des Nervensystems",
  • abgelehnte Gesundheitsangaben wie zum Beispiel "Kuhmilch fördert die Zahngesundheit" oder "die Schokolade, die dir wachsen hilft",
  • bislang nicht bewertete Gesundheitsangaben, für die jedoch bereits Zulassungsanträge gestellt wurden. Dabei handelt es sich vor allem um Anträge zur Gesundheitswirkung von pflanzlichen Lebensmitteln wie Kräuterextrakten, sogenannten Botanicals. Für solche Produkte gibt es nur wenige vergleichbare Studien, die nach wissenschaftlich anerkannten Standards durchgeführt und publiziert wurden. Das erschwert den Nachweis eines möglichen Wirkzusammenhangs. Auch deshalb hat die EU-Kommission das Zulassungsverfahren in Bezug auf die Botanicals vorerst ausgesetzt.

Solange Gesundheitsangaben beantragt, aber nicht abschließend bewertet wurden, darf damit geworben werden, vorausgesetzt sie sind  – nach Herstellermeinung – wissenschaftlich fundiert und nicht täuschend sind. Es ist noch unklar, bis wann alle Zulassungsanträge abgearbeitet sind und ab wann die schon viel zitierte Botschaft "Erlaubt ist nur, was auf der Liste steht" auch tatsächlich gilt.

„Das Gesunde“ muss klar benannt werden

Wenn ein Lebensmittel gesundheitsbezogen beworben wird, so muss immer klar sein, auf welchen konkreten Stoff sich das Werbeversprechen bezieht. Unzulässig wäre zum Beispiel eine rein produktbezogene Werbung wie „Orangensaft ist gesund“. Enthält der Orangensaft jedoch eine bestimmte Mindestmenge an Vitamin C wäre die zugelassene Angabe „Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei“ für den Saft erlaubt.

Erweiterte Kennzeichnungspflichten

Der Gehalt des Stoffes auf den sich eine Gesundheitsangabe bezieht, muss immer auf dem Etikett stehen. Da es sich dabei oft um Mineralstoffe oder Vitamine handelt, erfolgt diese Angabe in der Regel innerhalb der ohnehin verpflichtenden Nährwerttabelle, deren Pflichtinhalte dann erweitert werden. Bezieht sich eine Gesundheitsangabe auf einen Stoff, der nicht in der Nährwerttabelle aufgeführt werden darf, muss dessen Gehalt in ihrer Nähe angegeben werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mit einer gesundheitlichen Wirkung von omega-3-Fettsäuren geworben wird. Die Health-Claims-Verordnung schreibt zusätzlich folgende Pflichtangaben vor:

  • einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
  • Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrsmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,
  • gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die dieses Lebensmittel nicht verzehren sollten,
  • einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

Kritik an der Regelung

Diskussionswürdig ist, welchen Informationsgehalt beispielsweise eine Aussage wie "Biotin unterstützt die normale Funktion des Nervensystems" hat. Zwar dürfen die gesetzlich zugelassenen Angaben umformuliert werden, allerdings nur, wenn ihr Sinn dadurch nicht verändert wird. Rückschlüsse auf die Qualität eines Lebensmittels lassen die Angaben nur bedingt zu. Auch gibt es noch immer keine Vorgaben, welchen Gesamtnährwert Lebensmittel aufweisen müssen, die Gesundheits- oder Nährwertangaben tragen. Dabei sollte es nach der Health-Claims-Verordnung eigentlich Höchstgrenzen beispielsweise für den Salz-, Fett- oder Zuckergehalt von Lebensmitteln (Nährwertprofile) geben, die mit solchen Informationen beworben werden. Solange keine Nährwertprofile festgelegt sind, dürfen also unter Umständen auch Lebensmittel, die sehr maßvoll verzehrt werden sollten, etwa zucker- oder salzreiche Snacks gesundheitsbezogen beworben werden.

Werbung und Wahrheit: Vorschriften für freiwillige Angaben

„Clean labeling“ ist in: Hersteller werben gerne damit, dass bestimmte negativ klingenden Bestandteile in ihren Produkten nicht enthalten sind. Dazu gehören Hinweise wie „ohne Zusatzstoffe“, „ohne Zusatz von Zucker“, „glutenfrei“ oder „ohne Gentechnik“. Für diese „frei-von-Werbung“ gibt es keine einheitliche gesetzliche Bestimmung, denn es handelt sich um ganz unterschiedliche Angaben, die auch unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Grundsätzlich gilt auch in diesem Fall: Die Aussagen dürfen nicht in die Irre führen und es darf keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten sein.

„zuckerfrei“ und „Ohne Zuckerzusatz“ sind zwei Paar Schuhe

Die Angabe „zuckerfrei“ darf verwendet werden, wenn ein Lebensmittel höchstens 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm beziehungsweise Milliliter enthält. Das regelt die Health-Claims-Verordnung. Sie bestimmt auch, unter welchen Bedingungen „Ohne Zuckerzusatz“ auf der Packung stehen darf. „Ohne Zuckerzusatz“ heißt nicht frei von Zucker. Denn viele Lebensmittel enthalten von Natur aus Zucker. Dieser Zusatzhinweis wird empfohlen, ist aber nicht verpflichtend. Der Hinweis „ohne Zuckerzusatz laut Gesetz“ bedeutet, dass „laut Gesetz“ auch keinem vergleichbaren Produkt Zucker zugesetzt werden darf.

Quelle: Achten Sie aufs Etikett!; BZfE; Bestell-Nr.: 1140

Weitere Informationen zu gesundheitsbezogenen Angaben

Für welche Lebensmittel gilt die Health-Claims-Verordnung?

Die Health-Claims-Verordnung gilt für alle Lebensmittel. Ihr Anwendungsbereich umfasst auch unverpackte Lebensmittel und Speisen, die in Kantinen, Altenheimen oder Kranken-häusern abgegeben werden. Ausgenommen vom Geltungsbereich der Verordnung sind Angaben, zu denen Hersteller auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet sind sowie nichtkommerzielle Mitteilungen von Behörden, Forschungsinstituten oder der Presse.

Ist Werbung mit schlank machender Wirkung erlaubt?

Angaben in Bezug auf schlank machende, schlankheitsfördernde oder gewichtsver-ringernde Eigenschaften von Lebensmitteln dürfen den Verbraucher nicht täuschen. Auch sie werden im Rahmen des Zulassungsverfahrens der Health-Claims-Verordnung geprüft. Generell verboten sind Aussagen über die Höhe und die Dauer einer Gewichtsabnahme, zum Beispiel "5 Kilo weniger in 6 Tagen", denn es hängt immer von Einzelfall ab, wie schnell und wie viel Gewicht reduziert werden kann.

Wer erstellt die Gemeinschaftsliste mit gesundheitsbezogenen Angaben?

Über die Aufnahme von Gesundheitsangaben in die Gemeinschaftsliste entscheidet die EU-Kommission. Unterstützt wird sie dabei durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die EFSA hat die Aufgabe, die Zulassungsanträge aus der Lebensmittelwirtschaft auf ihre wissenschaftliche Fundiertheit zu prüfen. Das Ergebnis der EFSA-Bewertung dient der EU-Kommission dann als Entscheidungsgrundlage – allerdings nicht allein. Selbst wenn die EFSA eine Gesundheitsangabe als wissenschaftlich fundiert bewertet, darf die EU-Kommission deren Zulassung ablehnen. Denn sie darf auch weitere legitime Faktoren in ihre Zulassungsentscheidung einbeziehen, beispielsweise wirtschaftliche und ethische Gesichtspunkte oder Umwelterwägungen. So lehnte die EU-Kommission beispielsweise die Zulassung der Aussage „Glucose unterstützt die körperliche Betätigung“ mit der Begründung ab, dass die Angabe anerkannten Ernährungs- und Gesundheitsgrundsätzen zuwiderlaufen würde. Schließlich solle der Zuckerkonsum eingeschränkt erfolgen. Über ein Register auf der Internetseite der EU-Kommission kann recherchiert werden, welche Gesundheitsgaben beantragt, zugelassen beziehungsweise abgelehnt wurden.

Autorin: Dr. Christina Rempe, Berlin

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