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(BZfE) – Heute kaum vorstellbar: Bis vor rund 200 Jahren war Zucker ein sehr kostbares Gut. Erst die Entdeckung, dass auch die heimische Runkelrübe – aus der später die Zuckerrübe gezüchtet wurde – den begehrten Stoff enthält, leitete den „süßen Siegeszug“ zu einem der heute preiswertesten Lebensmittel ein. Unser Haushaltszucker ist zunächst einmal ganz nüchtern und chemisch betrachtet ein Kohlenhydrat, das aus den beiden Einzelbausteinen Fruchtzucker und Traubenzucker besteht. Umgangssprachlich deshalb auch Zweifachzucker genannt. Egal ob aus Zuckerrohr oder Zuckerrübe gewonnen, ganz gleich ob einfacher Weißzucker, brauner Rohzucker, feine Raffinade, Puder-, Würfel-, Einmach- oder Kandiszucker – es ist und bleibt der oben definierte Zweifachzucker. Und der hat positive und negative Seiten.

Positiv: Viele Lebensmittel entfalten ihr volles Aroma erst, wenn sie gezuckert werden. Gezuckerte Erdbeeren beispielsweise schmecken nicht nur aromatischer, sie duften auch intensiver. Zucker hat haltbarmachende Eigenschaften, denn er bindet frei verfügbares Wasser in Marmeladen, Konfitüren, Gelees sowie Sirup-Getränken und entzieht dadurch Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen den Lebensraum. Bei Kuchen und Gebäck gibt Zucker nicht nur Geschmack, sondern ist auch Struktur gebend und für die Festigkeit des Teigs mitverantwortlich. Last but not least – Zucker schmeckt süß und ist ein preiswerter Rohstoff. Und da sind wir auch schon beim Dilemma: Wir essen zu viel Zucker.

Nach Zollaufzeichnungen des Deutschen Reiches lag der Pro-Kopf-Zuckerkonsum im Jahr 1874 bei 6,2 Kilogramm. Heute beträgt der Absatz von Haushaltszucker in Deutschland seit vielen Jahren gut 35 Kilogramm. Davon gehen nach Angaben der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker e.V. / Verein der Zuckerindustrie e.V. rund 89 Prozent an die Zucker verarbeitende Industrie und das Handwerk (Getränke, Süßwaren, Backwaren, Milchprodukte und Speiseeis, Brotaufstriche und Obstkonserven) sowie an die chemische Industrie beziehungsweise Fermentationsindustrie (Bioethanol, chemische und pharmazeutische Produkte). Gut elf Prozent kommen als Haushaltszucker in die Geschäfte. Demzufolge stehen für die menschliche Ernährung insgesamt 25 Kilogramm pro Kopf und Jahr zur Verfügung. Das entspricht etwa 70 Gramm pro Tag beziehungsweise 23 Stück Würfelzucker. Zu üppig, sagen die Fachgesellschaften für Ernährung und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die WHO empfiehlt, die Zufuhr von „freiem Zucker“ auf weniger als 10  Prozent der Tagesenergiezufuhr zu beschränken. Unter freiem Zucker ist die Summe des in natürlichen und verarbeiteten Lebensmitteln enthaltenen Zuckers sowie des zu Hause verbrauchten Zuckers zu verstehen. Diese Empfehlung bezieht sich nicht auf den natürlichen, in frischem Obst/Gemüse oder in Milch vorkommenden Zucker.

Die Daten aus der Nationalen Verzehrstudie II zeigen, dass die Zufuhr freier Zucker in Deutschland insbesondere bei jüngeren Altersgruppen deutlich über der Empfehlung von unter 10 Energieprozent liegt. Während in der Altersgruppe zwischen 15 und 80 Jahren die Zufuhr bei Frauen rund 14 Energieprozent beträgt, liegt sie bei Männern bei 13 Energieprozent. Das entspricht einer Zufuhr an freien Zuckern bei Frauen von 61 g/Tag und bei Männern von 78 g/Tag. Kinder und Jugendliche konsumieren bis zu 17,5 Energieprozent. Um die Zufuhrempfehlung freier Zucker nicht zu überschreiten, müsste die aktuelle Zufuhr um mindestens 25 Prozent gesenkt werden.

Eine hohe und häufige Zuckerzufuhr fördert die Entstehung von Übergewicht und Adipositas sowie zahlreiche mit Übergewicht assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen sowie die Entstehung von Karies. Hingegen ist eine zuckerarme Ernährung gesundheitsfördernd.

Zucker ist kein notwendiger Nahrungsbestandteil. Je weniger man davon konsumiert, umso besser für die eigene Gesundheit. Wer reduzieren möchte, muss insbesondere auf verarbeitete Produkte schauen: Fruchtjoghurts, Feinkostsalate, Müslis, Instantgetränke, Softdrinks, um nur einige zu nennen. Obacht, nicht immer steht „Zucker“ im Zutatenverzeichnis: Auch Glukose, Dextrose, Fructose, Laktose, Saccharose, Maltose, Fruktose-Glukose-Sirup, Stärkesirup, Weizendextrin, Süßmolkenpulver, Magermilchpulver u.a gehören letzten Endes zur großen Familie der Zuckerarten.

Übrigens, der Zuckerkonsum von 1874 entspricht gerade mal etwa 6 Zuckerwürfeln pro Kopf und Tag!

Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de

Weitere Informationen:

http://www.bzfe.de/inhalt/zucker-31842.html

https://www.bzl-datenzentrum.de/versorgungsbilanz-zucker/

https://www.dge.de/empfehlung-zur-maximalen-zuckerzufuhr-in-deutschland/

http://www.zuckerverbaende.de/

https://www.who.int/sugar-guideline/

http://www.zuckerverbaende.de/von-der-ruebe-zum-zucker

https://www.foodwatch.org/zuckerverbrauch

https://www.swr.de/zuckerkonsum-in-zahlen/

https://www.planet-wissen.de/der-preis-des-suessen-lebens

https://utopia.de/versteckter-zucker-in-lebensmitteln-zuckerfallen/

https://www.verbraucherzentrale.de/versteckt-und-unentdeckt-suessende-substanzen-in-lebensmitteln

Korrektur: In einer früheren Version dieser Meldung hieß es, der Zuckerverzehr läge in Deutschland durchschnittlich bei rund 35 Kilogramm pro Kopf und Jahr, beziehungsweise 100 Gramm pro Tag oder 32 Zuckerwürfeln. Hier muss aber unterschieden werden zwischen Verzehr und Absatz, bzw. Verbrauch. Entsprechend wurde diese Stelle korrigiert.

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