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Ein Baby bekommt seine Flasche
Anja Greiner Adam / stock.adobe.com

(BZfE) – Häufig werden auf Säuglingsnahrung gesundheitsbezogene Angaben gemacht, die kaum oder gar nicht auf solide wissenschaftliche Studien gestützt sind. Das ist das Resultat einer internationalen Untersuchung, an der auch Forschende der Universität Leipzig beteiligt waren.

Muttermilch ist die natürlichste Nahrung für Säuglinge und schützt die Gesundheit von Mutter und Kind. Die Vermarktung von Ersatznahrung wird kritisch gesehen, da sie Ernährungsentscheidungen von Familien und Gesundheitspersonal beeinflusst. Es kann ein falscher Eindruck entstehen, wenn durch Gesundheitsversprechen scheinbare Vorteile gegenüber dem Stillen hervorgehoben werden.

Um die aktuelle Situation zu beleuchten, hat ein internationales Forschungsteam Angaben auf Ersatzprodukten für Muttermilch erfasst und auf wissenschaftliche Evidenz geprüft. Dazu wurden in den Jahren 2020 bis 2022 Gesundheitsversprechen auf der Produktverpackung und den Internetseiten der Unternehmen in fünfzehn Ländern, darunter auch Deutschland, untersucht.

Die Auswertung der Daten hat gezeigt, dass auf einem Großteil der gefundenen Produkte (608 von 757) mindestens eine gesundheits- oder nährwertbezogene Angabe gemacht wird. Es gab eine große Bandbreite an unterschiedlichen Angaben für ähnliche Inhaltsstoffe. Besonders verbreitet war „unterstützt die Entwicklung des Gehirns und/oder der Augen und/oder des Nervensystems“ (53 %), gefolgt von „stärkt ein gesundes Immunsystem“ (39 %) und „unterstützt Wachstum und Entwicklung“ (37 %) und „leicht verdaulich“ (30 %). Die am häufigsten genannten Inhaltsstoffe waren mehrfach ungesättigte Fettsäuren (46 %), Präbiotika, Probiotika und Synbiotika (37 %) und hydrolysiertes Eiweiß (20 %).

Nur bei jedem vierten Produkt (161 von 608) wurden die Gesundheitsversprechen wissenschaftlich untermauert. Falls ein Nachweis vorhanden war, handelte es sich in lediglich 14 Prozent der Fälle um registrierte klinische Studien. Mehr als 80 Prozent dieser Studien wurden von Autoren und Autorinnen durchgeführt, die entweder von der Nahrungsmittelindustrie finanziert wurden oder direkt mit der Industrie verbunden waren.

Die Studie ist kürzlich im „British Medical Journal“ erschienen und wurde von einem internationalen medizinischen Netzwerk ohne gesonderte Forschungsförderung erstellt. „Unsere Ergebnisse zeigen die weit verbreiteten, aber schlecht wissenschaftlich belegten gesundheitsbezogenen Marketingversprechen auf Ersatzprodukten für Muttermilch“, resümiert Jon Genuneit, Professor für Pädiatrische Epidemiologie an der Universität Leipzig. „Eine stärkere Regulierung zusätzlich zum bereits bestehenden Kodex der Weltgesundheitsorganisation zur Vermarktung solcher Produkte und eine konsequente Ahndung der Abweichung von diesem Kodex erscheint notwendig.“

Bereits im vergangenen Jahr hatte eine von der WHO in Auftrag gegebene Studie gängige Marketingpraktiken für Flaschennahrung aufgedeckt. Häufig werden online – etwa in sozialen Netzwerken – Kontaktdaten von Schwangeren gesammelt, die zielgerichtete Werbung erhalten. Die Produkte werden als nahezu gleichwertig zur Muttermilch dargestellt, oft als allergievorbeugend und besonders verträglich. Je häufiger Frauen solche Werbung wahrnahmen, desto positiver war laut Studie ihre Einstellung zu industrieller Säuglingsnahrung.

Heike Kreutz, www.bzfe.de

Weitere Informationen:

https://doi.org/10.1136/bmj-2022-071075

WHO-Studie zu Werbepraktiken für Flaschennahrung
https://www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2022/maerz/who-bemaengelt-werbepraktiken-fuer-flaschennahrung/

Health Claims – gesundheitsbezogene Angaben
https://www.bzfe.de/lebensmittel/einkauf-und-kennzeichnung/kennzeichnung/gesundheitsbezogene-angaben/

Stillen: für einen gesunden Start ins Leben
https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/in-bestimmten-lebensphasen/wird-mein-baby-beim-stillen-satt/

Neutrale und wissenschaftlich fundierte Informationen für Schwangere und junge Familien gibt es hier:
www.gesund-ins-leben.de und auf Instagram @gesund.ins.leben

(Bildquelle: AdobeStock, Anja Greiner Adam)

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