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Im 4. Foodie Café am 09. Juni 2022 rücken wir die Ernährung der Zukunft in den Mittelpunkt. Mit „Hello Future“ als Thema widmen wir uns der Frage, was in den kommenden Jahren auf unseren Tellern und in unseren Gläsern & Tassen landen wird. Und wie immer haben wir auch diesmal spannende Gäste dabei: Drei davon sind Prof. Dr. Guido Ritter (FH Münster, Institut für Nachhaltige Ernährung / Podcast "Klausurrelevant!"), Kochbuch-Autorin Monika Röttgen („Klimafreundliche Küche“) und Gründer Nicolas Ting („vongrundaufgut"). Sie verraten uns in diesem Beitrag etwas genauer, was sie mit dem Thema Future Food verbindet und wie sie in die Zukunft blicken.

1. Was ist dein Ding in Sachen „Essen der Zukunft“: Was machst du genau?

Guido Ritter: Wir entwickeln in unserem Labor, dem food lab muenster, nachhaltige Lebensmittel, beschäftigen uns mit der Ernährung der Zukunft und allem, was die Geschmacksentwicklung beim Menschen angeht. Also, was macht gutes Essen der Zukunft aus und wie werden wir essen.

Monika Röttgen: Gute Ideen für eine planetenfreundliche Ernährung gibt es viele, doch sie verhallen oft ungehört. Meine These: Es fehlen positive und leichte Merkbilder. Daher zaubere ich mit dem Stern, dem Regenbogen und - dem Schatz. Ich möchte Anker setzen, die eingängig sind. Daher würze ich meine Rezepte mit einer Prise Kulturgeschichte und erzähle spannende Geschichten rund um die Rohstoffe, damit sich die Teller so verwandeln, dass es uns und der Erde gut tut.

Nicolas Ting: Seit 2009 befasse ich mich intensiv mit zukunftsfähiger Ernährung. 2021 führte mich mein Weg zu Christian Roth und wir gründeten im November 2021 vongrundaufgut. Die Idee: ein etabliertes pflanzliches Lebensmittel wie den Haferdrink von Grund auf gut & weiter zu denken: Das heißt regional, ökologisch und fair zu denken, zu produzieren und zu vermarkten. Unsere Haferprodukte kommen im Mehrweg oder werden Ressourcenschonungen verpackt, der Bio-Hafer kommt aus der Region, alle Reststoffe werden weiterverarbeitet (Stichwort: zirkuläres Produktportfolio) und die Ernährungsbildung von Kindern wird gefördert.  

2. Und warum tust du das? Was treibt dich an?

Guido Ritter: Essen ist sozialer Kit. Gemeinsames Essen ist Kommunikation. Alle SDGs lassen sich mit dem Thema Ernährung verknüpfen. Jeder Mensch hat eine individuelle Essbiografie, die uns zu dem macht, was wir sind. Ernährungskompetenz ist Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.

Monika Röttgen: Ich möchte dem Alltag etwas mehr Zauber verleihen, indem ich Menschen überrasche und ihre Neugierde wecke. Die Klimafreundlich-Küche mixt Omas Wissen unter die Gerichte, während zugleich jüngere Nahrungsquellen wie Algen oder Vergessenes wie Hirse eine neue Bühne erhalten. Daher bereite ich altes Wissen neu auf, schärfe den Blick für das buchstäblich Naheliegende in der Küche und teile meine Leidenschaft für Wildpflanzen.

Nicolas Ting: Es geht darum das unmittelbare Ernährungsumfeld der Menschen zukunftsfähig mitzugestalten.  Wir möchten den Menschen ermöglichen, eine VerBINDUNG mit ihrem täglichen Lebensmittel zu haben – der regionale oder sogar lokale Bezug ist der Schlüssel für viele Ernährungs- und Umweltfragen. Dabei geht es uns auch darum, Lieferketten so kurz wie möglich zu halten, die regionale (Kreislauf-)Wirtschaft wie auch das Gemeinwohl zu fördern – kurzum: den regionalen Lebensraum nachhaltig zu gestalten. Wertschätzend und weltbewahrend. An jeder Stelle unserer Prozesse drehen wir den Stein um und hinterfragen uns in punkto Sinnhaftigkeit, Klimafreundlichkeit, Ressourcenschonung, Gemeinwohl und nachhaltiger Wirtschaftlichkeit.

3. Was schmeckt dir aktuell an der Gegenwart nicht?

Guido Ritter: Die geringe Wertschätzung für Lebensmittel und die Ernährung.

Monika Röttgen: Unsere Herausforderung ist aktuell die industrielle Ernährung mit ihrer Massenproduktion im Hinblick auf Tierhaltung und Monokulturen rund um den Globus sowie der völlig technisierte statt ganzheitliche Blick auf die Natur. Vor allem aber kostet unser Lebensstandard anderen ihr Recht auf gutes Leben. Wir nutzen Flächen, die uns nicht gehören, wir verplempern Wasser, das Menschen auf dem Trockenen sitzen lässt, und verpesten Luft und Böden, damit wir es nett haben. Schlussendlich werfen wir mit Nahrungsmitteln nur so um uns, denn der Müll wird am meisten gefüttert. Wir haben einfach krass gewachsene Ansprüche als Kinder der Bequemlichkeit im Schlaraffenland.

Nicolas Ting: Viele Menschen möchten sich aus verschiedenen Gründen pflanzenbetonter ernähren. Ist das auch alles nachhaltig?  Machen wir uns nix vor: viele pflanzliche Lebensmittel werden importiert, davon vieles verschwendet und gerade Pflanzendrinks haben etliche food miles auf dem „Kasten“. Genügt ein Haferdrink aus Schweden im Tetrapak wirklich unserem Anspruch an eine zukunftsfähige Ernährung? Auch das Min-Max-Prinzip im zentralistischen Stil bringt unser gesamtes Ernährungssystem an die Belastungsgrenzen: klimatisch, sozial und wirtschaftlich. Mittlerweile gibt es kaum regionale Strukturen mehr um z.B. Bio-Hafer zu Haferflocken oder ähnliches regional verarbeiten zu lassen. Auch in Bezug auf gesunde Ernährung spielt die Herkunft eine Rolle – uns muss die Möglichkeit gegeben werden, eine gesunde, regional und saisonal bezogene Ernährung, die unsere planetaren Grenzen berücksichtigt, zu bewerkstelligen – eine Ernährungssouveränität zu erreichen. Wir geben einen kleinen Teil einer Antwort darauf.

4. Wenn du an „future food“ denkst, also daran, was wir in fünf Jahren auf dem Teller haben werden, was kommt dir in den Sinn (jenseits deiner eigenen Vision)?

Guido Ritter: Astronautennahrung. Aber anders, als wir zuerst denken. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst durfte sein Lieblingsessen mit auf die ISS nehmen. Spätzle mit Linsen und Würstchen. Wenn die Lieblingsspeise die Ernährung der Zukunft ist, freue ich mich auf die Astronautennahrung.

Monika Röttgen: Lasst uns mehr Wildes wagen. Eine Prise Ungezähmtes inmitten unserer derart funktionalen Welt. Gleichzeitig "back to the roots" mit Omas Werten wie Respekt vor der Natur und Dankbarkeit gegenüber den Menschen, die mir Nahrung bereiten. Und ein spielerischer Mix aus Tradiertem und neuen Einflüssen, die wir umwandeln in Digitales und Deliziöses, also zum Beispiel Apps, die mir Verwendungsmöglichkeiten und Geschichten aufbereiten. Außerdem träume ich von klimafreundlicheren Take-Aways für die vielen Menschen, die keine Lust aufs Kochen haben oder viel unterwegs sind.

Nicolas Ting: Regionale & lokale Ernährungssouveränität, Verknüpfung regionaler & urbaner Ernährungskonzepte, Landwirtschaftsmodelle solidarisch & adaptions-/anpassungsfähig ausbauen, zirkuläre Produktentwicklung & zirkuläres Produktdesign.

5. Ein letzter Tipp von dir in Bezug auf zukunftsfähige Ernährung?

Guido Ritter: Viel Probieren, selber kochen. Zu Genuss gehört auch Mut und Verantwortung.

Monika Röttgen: Würze mit ein paar Kräutern wie Brennnesseln, Vogelmiere oder Giersch – allesamt rund ums Jahr verfügbare und pflegefreie Dauergemüse, die nichts kosten, gesund und nahrhaft sind.

Nicolas Ting: Iss, was dir dein unmittelbares Ernährungsumfeld bietet und gestalte es mit – frage nach, wo dein Essen herkommt und wer es wie herstellt. Werde zur/zum Prosumer:in (Produzent:in & Verbraucher:in), sei Teil deiner Ernährung und behandle die (Um-)Welt wie eine Businesspartnerin!

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