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Mit den humanistischen Ansätzen fand die „höhere Natur“ des Menschen Berücksichtigung in der Psychologie. Sinnsuche und Streben nach Selbstverwirklichung gelten auch beim Essen.

Familie am Esstisch
Monkey Business / stock.adobe.com

Abraham Maslow gilt als Gründungsvater der humanistischen Psychologie und machte sich vor allem durch seine „Bedürfnishierarchie“ einen Namen. Das auch als „Bedürfnispyramide“ bekannte Modell beschreibt menschliche Bedürfnisse und Motivationen und versucht, diese zu erklären. Damit fügte Maslow Ansätzen wie der Psychoanalyse die „höhere Natur“ des Menschen hinzu, die ganzheitlich mit den körperlichen Trieben verbunden ist. Höhere Natur lässt sich als Sinnsuche und Streben nach Selbstverwirklichung übersetzen. In Bezug auf Essen bedeutet das, dass wir nicht einfach unseren Magen füllen, sondern etwas essen möchten, das uns schmeckt und bekommt, und das wir gemeinsam mit lieben Menschen in schöner Atmosphäre genießen. So kann uns das Ambiente zusätzlich „satt und zufrieden“ machen. Umgekehrt kann uns etwas fehlen, wenn wir alleine vor dem Fernseher eine Tüte Chips leeren.

In Deutschland haben wir zwar meist genug zu essen und zu trinken, wer aber beispielsweise arbeitslos ist, dem fehlen häufig Sicherheit und Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Demzufolge kann er/sie seine/ihre Ich-Bedürfnisse nicht befriedigen. Entsprechend ist an die nächste Stufe der „Selbstverwirklichung“ vorerst nicht zu denken. Denn die Stufen der Bedürfnispyramide bauen aufeinander auf: Aus einer Mahlzeit, die Hunger und Durst stillt, kann zum Beispiel im Familien- oder Freundeskreis Geborgenheit entstehen. Das gemeinsame Essen kann dazu beitragen, Zugehörigkeit herzustellen und diese zu symbolisieren. Wer seine Kochkünste und seinen guten Geschmack beweisen kann, erfüllt damit seine Ich-Bedürfnisse und kann sich letztendlich mit einer guten Ess- und Ernährungskompetenz selbst verwirklichen.

Wenn die Ernährungsfachkraft diese Bedürfnishierarchie im Kopf hat, dann bleibt sie nicht auf der Ebene der Inhaltsstoffe stehen, sondern erkundet gemeinsam mit Klientinnen und Klienten die Verbindung des Essens mit den weiteren Stufen. Sie hat dabei im Blick, mit welchen sozialen Situationen Essen verbunden ist, was das Essen bedeutet. Im Zentrum sollte dabei ein positives Menschenbild stehen, die Überzeugung, dass der Mensch an sich gut ist und sich selbst Gutes tun will, indem er zum Beispiel die Ernährungsberatung in Anspruch nimmt. Miithilfe von unbedingter Wertschätzung, Empathie und Echtheit entsteht eine Umgebung, in der die Bedürfnisse der Klientinnen und Klienten wahrgenommen und berücksichtigt werden können.

Mehr über die Maslowsche Bedürfnishierarchie und ihre Anwendungsmöglichkeiten erfahren Sie in der Ernährung im Fokus Sonderausgabe 01 2022 „Ernährungspsychologie – Werkzeug für die Beratung“. Das Sonderheft gibt einen Überblick über verschiedene psychologische Schulen und zeigt Anknüpfungspunkte für die Ernährungsberatung.

Melanie Kirk-Mechtel, Fachautorin und Online-Redakteurin, Bonn

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