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Die Planetary Health Diet gilt als Prototyp einer Ernährungsweise, die gesund für den Menschen und für die Erde ist. Doch wie sieht es mit nationalen Empfehlungen aus?

alex9500 / stock.adobe.com

Unsere Ernährung soll zahlreichen Anforderungen genügen. Dazu zählen nicht nur Sättigung und ausreichende Nährstoffversorgung, sondern auch Genuss, Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig trägt die globale Lebensmittelerzeugung in erheblichem Ausmaß zum Klimawandel und weiteren Umweltbelastungen bei: 34 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen waren 2015 auf das Ernährungssystem zurückzuführen. Davon verursachte die landwirtschaftliche Erzeugung inklusive der damit verbundenen Nutzung und Umwandlung von Landflächen rund 71 Prozent (Crippa et al. 2021).

Weitere ökologisch problematische Auswirkungen der Lebensmittelproduktion sind die Schadstoffbelastung von Luft, Wasser und Böden, Abholzung von (Regen-)Wäldern für Futtermittel, sinkende Artenvielfalt durch intensive Landwirtschaft, die Überfischung der Meere, die Zerstörung fruchtbarer Böden sowie ein hoher Wasseraufwand bei zunehmender Wasserknappheit in vielen Weltregionen (von Koerber 2014; Leitzmann, Keller 2020).

Dieser Fehlentwicklung können die Menschen durch ihre Ernährungsweise entgegenwirken. Gleichzeitig sind auch Politik und Wirtschaft in der Verantwortung. Um ihnen wissenschaftlich basierte Zielvorgaben für einen zukunftsfähigen Umbau des globalen Ernährungssystems an die Hand zu geben, entwickelte die EAT-Lancet-Kommission die Planetary Health Diet. Sie soll eine umweltverträgliche Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Ernährungsweise fördern und zur Umsetzung der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der UN-Agenda 2030 (UN 2015) beitragen (Willet et al. 2019). Vor diesem Hintergrund wurden bestehende nationale lebensmittelbasierte Ernährungsempfehlungen verschiedener Länder mit den Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission verglichen, um herauszufinden, ob und wo Anpassungsbedarf besteht.

Planetary Health Diet

Im Jahr 2019 publizierte die EAT-Lancet-Kommission die Planetary Health Diet. Diese liefert die wissenschaftliche Grundlage dafür, wie ein nachhaltiger Wandel des globalen Ernährungssystems gelingen kann. Ziel ist, bis zum Jahr 2050 etwa zehn Milliarden Menschen mit nährstoffreichen Lebensmitteln zu versorgen, ohne die natürlichen Lebensgrundlagen auf der Erde zu gefährden. Um gesunde Ökosysteme auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten, müssen die globalen Ernährungssysteme in einem sicheren Handlungsbereich (safe operating space) operieren. Die EAT-Lancet-Kommission konzentriert sich mit ihren Empfehlungen auf sechs planetare Systeme, die die Lebensmittelproduktion beeinflussen und für die sie konkrete Belastungsgrenzen festgelegt hat:
• Klimawandel
• Landnutzungsänderungen
• Wassernutzung
• Stickstoffkreislauf
• Phosphatkreislauf
• Biodiversitätsverluste (Willet et al. 2019).

Für die Planetary Health Diet hat die EAT-Lancet-Kommission Empfehlungen zur täglichen Lebensmittelauswahl abgeleitet, die – kulturell angepasst – global anwendbar sind. Sie umfassen zwölf Kategorien, darunter Vollkorngetreide, Gemüse, Obst, tierische Produkte wie Milch und Fleisch sowie zugesetzte Fette (Übersicht 1).

Übersicht 1: Vergleich der Verzehrempfehlungen der Planetary Health Diet mit den Empfehlungen der ausgewählten Länder (wenn nicht anders angegeben in g/d; mögliche Spannbreite)

Nationale Ernährungsempfehlungen

Mittlerweile gibt es in über 100 Ländern lebensmittelbasierte Ernährungsempfehlungen, sogenannte Food Based Dietary Guidelines (FAO o. J.a). Sie sollen die Bevölkerung im Alltag dabei unterstützen, einen gesundheitsfördernden Ernährungsstil umzusetzen, und dabei einen hohen Evidenzgrad aufweisen, der auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert. Zugleich sollen sie kurz, klar verständlich, kulturell angemessen und leicht über verschiedene Medien kommunizierbar sein (FAO/WHO 1998; EFSA 2010). Die Datenverfügbarkeit zur Wirkung nationaler Guidelines, etwa hinsichtlich des Ernährungs- und Gesundheitsstatus der Bevölkerung, ist bisher begrenzt, denn nur sehr wenige Länder führen eine regelmäßige Evaluation der damit verbundenen Programme und Strategien durch (FAO o. J.b).

Untersuchungsmethodik

Im Rahmen dieser Untersuchung erfolgte die Recherche nach nationalen Ernährungsempfehlungen in wissenschaftlichen Datenbanken und per Freihandsuche. Nur frei zugängliche Empfehlungen in deutscher oder englischer Sprache, die zuvor definierte Einschlusskriterien erfüllten, gingen in die Auswertung ein. Beispielsweise sollten sie für eine bessere Vergleichbarkeit exakte Mengenangaben für möglichst alle Lebensmittelgruppen enthalten, die die Planetary Health Diet umfasst. Von insgesamt 83 nationalen Guidelines konnten sieben mit der Planetary Health Diet verglichen werden:

  • Australien
  • Deutschland
  • Qatar
  • Schweden
  • Schweiz
  • Türkei
  • USA

Die Auswahl orientierte sich unter anderem an dem Ziel, möglichst viele Kontinente und (Ess-)Kulturen abzubilden. Bei allen Kategorien – mit Ausnahme von Vollkorngetreide – formuliert die EAT-Lancet-Kommission ihre Verzehrsempfehlungen als Spannbreiten, die auch dem Vergleich der verschiedenen Empfehlungen zu Grunde liegen (Übersicht 1).

Für eine bessere Vergleichbarkeit wurden zudem einige Kategorien leicht modifiziert. So musste die Differenzierung nach Fleischarten, die die EAT-Lancet-Kommission vornimmt, mangels entsprechender Daten in den nationalen Empfehlungen entfallen. Zudem wurde der tagesgenau empfohlene Fleischkonsum auf eine Woche hochgerechnet, da das der Darstellung in vielen nationalen Empfehlungen entspricht. Dasselbe gilt für den empfohlenen Fischkonsum. Verschiedene Hülsenfrüchte (inkl. Erdnüsse) wurden zu einer Kategorie zusammengefasst,(Baum-)Nüsse zählen als eigene Kategorie.

Obwohl die EAT-Lancet-Kommission differenzierte Verzehrsempfehlungen für verschiedene pflanzliche und tierische Fette vorgibt, wurden diese für die Untersuchung zur Kategorie „zugesetzte Fette gesamt“ zusammengefasst. Anpassungen erfolgten außerdem in Bezug auf die Energiezufuhr: Hier sieht die Planetary Health Diet 2.500 Kilokalorien pro Tag vor, während die Empfehlungen der einzelnen Länder unterschiedlich hoch ausfallen. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden alle Angaben auf 2.500 Kilokalorien täglich adjustiert. Fehlten Angaben zur Energiezufuhr, wurden diese bei den jeweiligen Fachgesellschaften erfragt. Daraus resultierte, dass sich die Empfehlungen der Schweiz auf eine Energiezufuhr von 1.800 bis 2.500 Kilokalorien pro Tag beziehen (Hayer 2020). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Frauen eine Energiezufuhr von 1.800 Kilokalorien und für Männer 2.300 Kilokalorien pro Tag (Peterson-Sperlich 2020). Schweden legt seine Empfehlungen nicht auf eine spezifische Energiezufuhr fest, sondern empfiehlt stattdessen Portionsgrößen, die sich dem individuellen Energiebedarf anpassen lassen (Brugård Konde 2020). Von der Fachgesellschaft Qatars liegt keine Antwort hinsichtlich der zugrundeliegenden Energiezufuhr vor. Zur Bewertung, inwieweit die nationalen Ernährungsempfehlungen der Planetary Health Diet entsprechen, dienten folgende Kategorien:

  • vollständige Übereinstimmung mit den EAT-Lancet-Empfehlungen
  • Empfehlung wird um fünf Prozent über- oder unterschritten
  • Empfehlung wird zu mehr als fünf Prozent über- oder unterschritten

Da die Planetary Health Diet nicht allein die Gesundheit des Menschen, sondern auch die des Planeten zum Ziel hat, gab es auch dann eine negative Bewertung, wenn Länder einen höheren Konsum ernährungsphysiologisch günstiger Lebensmittel (z. B. Obst und Gemüse) im Vergleich zur EAT-Lancet-Kommission empfehlen. Erhoben wurde außerdem, inwieweit die Länder Hinweise zu einer vegetarischen oder veganen Ernährung als Möglichkeiten einer pflanzenbasierten nachhaltigen Ernährung beinhalten.

Nationale Empfehlungen im Überblick

Australien

Die aktuellen Ernährungsempfehlungen Australiens stammen aus dem Jahr 2013. Sie sind in Form eines Ernährungskreises dargestellt, der einen groben Überblick über Anteile empfohlener Lebensmittelgruppen gibt (Abb. 1). Ein weiterführendes Dokument beinhaltet eine ausführliche Tabelle mit genauen Mengenangaben (in g) pro empfohlener Lebensmittelgruppe und den Portionen, die pro Woche verzehrt werden sollten (National Health and Medical Research Council 2011).

Das Thema Nachhaltigkeit und Ernährung wird an verschiedenen Stellen der australischen Ernährungsempfehlungen aufgegriffen:

Überkonsum vermeiden

Lebensmittel sachgerecht lagern, um Lebensmittelverluste zu minimieren

saisonale Lebensmittel bevorzugen

 

Australien bewertet eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise als gesund und geeignet, den Nährstoffbedarf in allen Lebensphasen zu decken, sofern auf die Zufuhr kritischer Nährstoffe geachtet und im Falle der veganen Ernährung Vitamin B12 supplementiert wird.

USA

Die Ernährungsempfehlungen der USA wurden zuletzt 2020 überarbeitet. Sie beinhalten verschiedene grafische Darstellungen zur Lebensmittelauswahl, darunter allgemein gehaltene Informationen (Abb. 2) sowie spezifischere Abbildungen. In Tabellenform ist dargestellt, welche Mengen jeder Lebensmittelgruppe pro Woche oder pro Tag verzehrt werden sollten (US Department of Health and Human Services and US Department of Agriculture 2020). Der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Ernährung wird in den US-amerikanischen Guidelines nicht thematisiert. Empfehlungen zu einer vegetarischen Ernährung sind hingegen als „healthy diet“ integriert. Eine Zusatztabelle informiert über Verzehrsmengen, mit denen sich der Nährstoffbedarf über eine vegetarische Kost decken lässt. Den US-amerikanischen Guidelines zufolge ist diese Tabelle gleichermaßen bei einer veganen Ernährungsweise nutzbar, wobei dann alle Milchprodukte durch pflanzliche Milchalternativen ersetzt werden sollen. Zusätzlich gibt es weitere Empfehlungen, etwa dass bei vegetarischer Ernährung im Vergleich zur Mischkost auf eine höhere Eisen- und Zinkzufuhr zu achten ist, weil diese Mineralstoffe aus pflanzlichen Lebensmitteln schlechter resorbiert werden.

Deutschland

In Deutschland werden nationale Ernährungsempfehlungen sowohl in Form des Ernährungskreises (DGE 2022a; Abb. 3) als auch als Ernährungspyramide (DGE 2022c) dargestellt. Ergänzend zum Ernährungskreis gibt es eine Tabelle mit Orientierungswerten, die sich meist auf empfohlene Verzehrsmengen pro Tag (in g) beziehen. Daneben bieten die „Zehn Regeln der DGE“ eine Anleitung für die Umsetzung einer vollwertigen, ausgewogenen Lebensmittelauswahl in der Praxis (DGE 2022b).

In ihrer ausführlichen Darstellung enthält fast jede der zehn DGE-Regeln Informationen zur Nachhaltigkeit, darunter den allgemeinen Hinweis, dass eine pflanzenbasierte Ernährung günstig für das Klima und die Umwelt ist. Empfohlen wird zudem der Konsum regionaler und saisonaler Produkte. Zudem gibt es beim Onlineauftritt der DGE mittlerweile eine Unterseite „Nachhaltige Ernährung“, auf der unter anderem über die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesrepublik informiert wird. Ebenso findet sich dort eine kurze Stellungnahme zur Planetary Health Diet und ein Vergleich mit den Empfehlungen der DGE. Eine vegetarische oder vegane Ernährung beschreibt die DGE in ihren Empfehlungen nicht explizit. Bei geringem Verzehr von oder komplettem Verzicht auf tierische Lebensmittel empfiehlt sie, Vitamin B12 zu supplementieren.

Türkei

Die Ernährungsempfehlungen der Türkei stammen aus dem Jahr 2016 und sind in zehn Kapitel unterteilt, die auf unterschiedliche Aspekte der menschlichen Ernährung eingehen. Sie enthalten Tabellen, die nach Alter und Geschlecht unterschiedliche Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffzufuhr sowie zu den Verzehrsmengen einzelner Lebensmittelgruppen geben (Ministry of Health of Turkey 2016). Bestandteil der türkischen Guidelines ist ein Ernährungsteller, der die Lebensmittel fünf Gruppen zuordnet (Ministry of Health of Turkey 2016, S. 37–38) (Abb. 4).

Zur zusätzlichen Veranschaulichung dient eine Lebensmittelpyramide, die auf den Lebensmittelgruppen basiert. Zusammenhänge zwischen Ernährung und Nachhaltigkeit kommen in den Ernährungsempfehlungen der Türkei nicht konkret zur Sprache. Ein Kapitel behandelt die spezifische Nährstoffversorgung bei vegetarischer oder veganer Ernährung, auch unter Berücksichtigung verschiedener Lebensphasen wie Schwangerschaft oder Kindheit. Eine vegetarische oder vegane Ernährung wird weder abgelehnt noch explizit empfohlen.

Schweiz

Die Ernährungsempfehlungen der Schweiz sind als Pyramide visualisiert. Erläuterungen zu den einzelnen Lebensmittelgruppen ergänzen die Grafik (Schweizerische Gesellschaft für Ernährung [SGE] 2016) (Abb. 5).

Sie beinhalten neben gesundheitlichen Aspekten auch das Thema Nachhaltigkeit, allerdings ohne konkrete Empfehlungen zur Nährstoffversorgung von Menschen zu geben, die sich vegetarisch ernähren. Stattdessen verweisen sie auf das Merkblatt „Vegetarische Ernährung“ der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung
(SGE) (SGE 2021).

Schweden

Die schwedischen Ernährungsempfehlungen von 2015 bestehen aus einem ausführlichen „Risk and Benefit Management Report“ (Livsmedelsverket 2015a). Eine Kurzversion mit dem Titel „Find your way to eat greener, not too much and be active“ gibt praktische Tipps zur Umsetzung einer nachhaltigen und gesunden Ernährung (Livsmedelsverket 2015b).In einer Grafik sind die Kernaussagen zu den einzelnen Lebensmittelgruppen zusammengefasst („One-minute advice“)
(Abb. 6). Sie zeigen, welche Lebensmittelgruppen in höheren Mengen verzehrt und bei welchen Lebensmitteln der Verzehr reduziert werden sollte.

Sowohl die ausführlichen Guidelines als auch die Kurzversion thematisieren gesundheitliche und umweltbezogene Aspekte, darunter das Ausmaß der Klimaauswirkungen unterschiedlicher Ernährungsformen (z. B. vegane Ernährung) (Livsmedelsverket 2015a). Eine vegetarische Ernährung ist in den schwedischen Ernährungsempfehlungen nicht konkret Thema (Livsmedelsverket 2015a). Einzig in der Kategorie „Nüsse und Samen“ wird darauf verwiesen, dass diese Lebensmittelgruppe in der vegetarischen Ernährung eine wichtige Rolle spielt, da Nüsse und Samen gute Quellen für Zink, Selen, Eisen, Calcium und Vitamin B6 darstellen.

Qatar

Die aktuellen Ernährungsempfehlungen Qatars stammen aus dem Jahr 2015 und teilen Lebensmittel in sechs Gruppen ein (Abb. 7). Sie beinhalten acht Kernaussagen, die nicht nur Empfehlungen zur Ernährung, sondern auch zum generellen Lebensstil geben. In Bezug auf die Umwelt empfiehlt Qatar eine pflanzenbetonte Ernährungsweise und die Reduktion von Lebensmittelabfällen (Supreme Council of Health 2015).

Zudem werden einige Hinweise zu einer vegetarischen und veganen Ernährung gegeben. In den Lebensmittelgruppen Milch, Milchprodukte und Fleisch kommen vegetarische und vegane Alternativprodukte zur Sprache.

Im direkten Vergleich zeigen die Ernährungsempfehlungen der sieben ausgewählten Länder viele Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede zur Planetary Health Diet (Übersicht 2).

Australien

Die australischen Ernährungsempfehlungen entsprechen in fünf von zwölf Kategorien den EAT-Lancet-Empfehlungen. Die Übereinstimmungen betreffen Gemüse, Obst, Eier, Fisch und Hülsenfrüchte. Bei Knollen/stärkehaltigem Gemüse und Nüssen empfiehlt Australien etwas höhere, bei Milchprodukten und Fleisch sogar mehr als doppelt so hohe Verzehrsmengen wie die mittleren EAT-Lancet-Empfehlungen. Im Vergleich niedriger liegen die Empfehlungen Australiens für Vollkorngetreide. Für zugesetzten Zucker und zugesetzte Fette gibt Australien lediglich die pauschale Empfehlung, deren Zufuhr zu begrenzen.

USA

Die Dietary Guidelines der USA stimmen in vier von zwölf Kategorien mit der Planetary Health Diet überein: bei Gemüse, Fisch, Hülsenfrüchten und Nüssen. Sowohl bei Obst als auch bei Milchprodukten, zugesetztem Zucker und Fleisch liegen die empfohlenen Verzehrsmengen der USA deutlich höher als die EAT-Lancet-Kommission es vorsieht. Bei Knollen/stärkehaltigem Gemüse sind sie leicht darüber, bei Vollkorngetreide liegen sie leicht darunter. Bezüglich der Fette geben die USA lediglich Empfehlungen zur Gesamtfettzufuhr, nicht jedoch bezogen auf zugesetzte Fette. Bei Eiern sind die Mengenangaben ungenau, so dass hier ein Vergleich nicht möglich ist.

Deutschland

Die Empfehlungen der DGE stimmen in sieben Kategorien mit denen der Planetary Health Diet überein: Gemüse, Obst, Milchprodukte, Eier, Fleisch, Fisch und zugesetzte Fette. Die DGE-Empfehlungen überschreiten die der EAT-Lancet-Kommission in zwei Kategorien deutlich: bei Vollkornprodukten und Knollen/stärkehaltigem Gemüse. Bei Nüssen und zugesetztem Zucker war der Vergleich aufgrund ungenauer Angaben nicht möglich. Zu Hülsenfrüchten gibt die DGE keine konkrete Empfehlung ab.

Türkei

Die Ernährungsempfehlungen der Türkei entsprechen in Bezug auf sieben Lebensmittelgruppen der Planetary Health Diet: Vollkorngetreide, Knollen/stärkehaltiges Gemüse, Gemüse, Obst, Fleisch, Fisch und Hülsenfrüchte. Dabei weicht die Empfehlung in der Kategorie Vollkorngetreide leicht von den EATLancet-Empfehlungen ab, liegt aber innerhalb des definierten Fünf-Prozent-Bereichs. Die in der Türkei empfohlenen Mengen für Milchprodukte, Eier und zugesetzte Zucker überschreiten die Empfehlungen der Planetary Health Diet, Empfehlungen zum Verzehr von Nüssen liegen niedriger. Bezüglich der zugesetz-ten Fette spricht die Türkei keine Verzehrsempfehlung aus.

Schweiz

Die Schweiz setzt bei sieben Lebensmittelgruppen vergleichbare Maßstäbe wie die EAT-Lancet-Kommission: bei Gemüse, Obst, Milchprodukten, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchten und zugesetzten Fetten. Bei Vollkornprodukten liegen die Empfehlungen unter denen der Planetary Health Diet, in den Kategorien Knollen/stärkehaltiges Gemüse und Nüsse übersteigen sie die Vorgaben der EAT-Lancet-Kommission. Allerdings fasst die Schweiz Knollen/stärkehaltiges Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide in einer Kategorie zusammen. Insgesamt soll die Bevölkerung drei Portionen pro Tag verzehren, so dass sich diese Kategorien gegenseitig ersetzen können. Hinsichtlich der zugesetzten Zucker empfiehlt die Schweiz nur, dass Zucker sparsam verwendet werden sollte. Auch in der Kategorie Eier ließen sich die Empfehlungen nicht vergleichen, da die Schweiz lediglich eine Verzehrsempfehlung für proteinreiche Lebensmittel, nicht aber konkret für Eier ausspricht.

Schweden

Die nationalen Ernährungsempfehlungen stimmen in vier Kategorien mit den EAT-Lancet-Empfehlungen überein: Gemüse, Obst, Milchprodukte und Fisch. Bei der Kategorie Fleisch rät Schweden, maximal 500 Gramm rotes, verarbeitetes Fleisch pro Woche zu essen. Da andere Fleischarten wie Geflügel unberücksichtigt bleiben, ist ein direkter Vergleich mit der Planetary Health Diet nicht möglich. Deutliche Abweichungen gibt es in zwei Kategorien: Bei Vollkorngetreide unterschreiten die schwedischen Empfehlungen die EATLancet-Vorgaben, bei Nüssen liegen sie dagegen höher. Für zugesetzte Fette und zugesetzte Zucker gibt Schweden nur ungenaue Verzehrsempfehlungen.

Qatar

Die Guidelines von Qatar stimmen wie die von Schweden in vier Kategorien mit der Planetary Health Diet überein: bei Gemüse, Obst, Milchprodukten und Fisch. Auch Qatar gibt in der Kategorie Fleisch die Empfehlung, den Konsum von rotem Fleisch auf 500 Gramm pro Woche zu begrenzen. Daher ist ein konkreter Vergleich mit der Planetary Health Diet mangels Empfehlungen zu anderen Fleischarten wie Geflügel ebenfalls nicht möglich. Dasselbe gilt für die Kategorien Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, zugesetzte Fette und zugesetzte Zucker, weil auch hier nur ungenaue Verzehrsempfehlungen vorliegen.

Übersicht 2: Vergleich der Empfehlungen der Planetary Health Diet mit den Ernährungsempfehlungen (Food Based Dietary Guidelines) der ausgewählten Länder

Diskussion

Die lebensmittelbasierten Empfehlungen der sieben ausgewählten Länder entsprechen der Planetary Health Diet in sehr unterschiedlichem Maß. Auf die Anzahl der Übereinstimmungen bezogen, schneiden Deutschland, die Türkei und die Schweiz am besten ab. Sie geben jeweils in sieben der insgesamt zwölf Kategorien Empfehlungen, die mit denen der Planetary Health Diet übereinstimmen. Auf dem zweiten Platz folgt Australien mit fünf Übereinstimmungen. Die USA, Schweden und Qatar weisen jeweils vier Übereinstimmungen auf.

Wichtig ist dabei eine differenzierte Betrachtung, von welchen Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission die Länder jeweils abweichen. Ein Widerspruch zur Planetary Health Diet liegt auch dann vor, wenn nationale Empfehlungen zu ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst oder Vollkornprodukten die EAT-Lancet-Empfehlung um mehr als fünf Prozent überschreiten. Das ist zum Beispiel bei den US-amerikanischen Guidelines für Obst der Fall. Australien, die USA, Deutschland und die Schweiz überschreiten mit ihren Empfehlungen die EAT-Lancet-Werte für Knollen und stärkehaltiges Gemüse. Es stellt sich daher die Frage, ob eine im Vergleich zur Planetary Health Diet höhere Verzehrsempfehlung für Gemüse oder Obst tatsächlich negativ zu bewerten ist, obwohl diese Lebensmittelgruppen prinzipiell als gesundheitsfördernd und vergleichsweise umweltschonend gelten. Anstatt Obergrenzen für erwünschte Lebensmittel festzulegen, könnten sowohl nationale Empfehlungen als auch die Planetary Health Diet Gemüse- und Obstarten nach Ressourcenverbrauch und Herkunft (Regionalität) differenzieren. Damit würden neben den gesundheitlichen Aspekten auch die planetaren Grenzen in den Empfehlungen stärker Berücksichtigung finden.

Im Gegensatz zu Gemüse (und teilweise Obst) ist ein überhöhter Konsum von Fleisch (v. a. Fleischwaren) als gesundheitlich und ökologisch problematisch einzustufen, ein Überkonsum von Milchprodukten zumindest als ökologisch ungünstig. Australien, die USA und die Türkei überschreiten die Empfehlungen der Planetary Health Diet in der Kategorie Milchprodukte, Australien und die USA in der Kategorie Fleisch.

Die Landwirtschaft ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Treibhausgasen nach der Energiewirtschaft (IPCC 2019). Ein erheblicher Anteil entfällt dabei auf die Erzeugung tierischer Lebensmittel. Entsprechend sieht der Weltklimarat IPCC in der Verringerung des Konsums tierischer Produkte eine wichtige Möglichkeit, die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren (Smith et al. 2014). Im Vergleich zu tierischen Produkten verursachen pflanzliche Lebensmittel (von wenigen Ausnahmen abgesehen) pro Kilogramm deutlich geringere CO2-Emissionen (Tilman, Clark 2014; Reinhardt et al. 2020). Hinzu kommt, dass auch der Wasseraufwand bei der Produktion eines Kilogramms pflanzlicher Lebensmittel meist erheblich geringer ausfällt als bei tierischen Lebensmitteln. Ausnahmen betreffen hier etwa Nüsse, Avocados oder Hülsenfrüchte (Mekonnen, Hoekstra 2010). Auch der Flächenbedarf pro Kilogramm ist für die Erzeugung tierischer Produkte deutlich höher als bei pflanzlichen Lebensmitteln (WWF 2015a, b).

Aus ökologischer Sicht wäre es daher sinnvoll, den gegenwärtig hohen Konsum tierischer Lebensmittel deutlich zu verringern. So ließen sich die Treibhausgasemissionen im Ernährungsbereich durch eine Umstellung auf vegetarische Kost um 55 Prozent reduzieren (Stoll-Kleemann, Schmidt 2017). Ein geringerer Konsum tierischer Lebensmittel, vor allem von Rindfleisch und Milchprodukten, hätte das größte Potenzial, um die Ernährung in Bezug auf die Umweltwirkungen nachhaltiger zu gestalten (Springmann et al. 2020).

Die meisten der untersuchten nationalen Guidelines (Australien, Deutschland, Schweiz, Schweden, Qatar) beziehen ökologische Aspekte in ihre Empfehlungen ein, andere jedoch nicht (USA, Türkei). In Bezug auf Umfang und Gestaltung sind allerdings deutliche Unterschiede zu erkennen. Schweden, Deutschland und die Schweiz thematisieren Nachhaltigkeitsaspekte zu einzelnen Lebensmittelgruppen und geben Hinweise, die die Menschen unterstützen sollen, sich nachhaltiger zu ernähren. Im Vergleich dazu greifen Australien und Qatar das Thema Nachhaltigkeit gesondert, nicht aber auf einzelne Lebensmittelgruppen bezogen auf. So hat zwar die Mehrzahl der ausgewählten Länder ökologische Auswirkungen der Ernährung in ihre Empfehlungen integriert, insgesamt dominiert aber klar das Ziel der Gesundheitsförderung.

Dass nationale Ernährungsempfehlungen positiven Einfluss auf Gesundheit und Umwelt haben können, zeigte eine Modellierungsstudie von Springmann et al. (2020). Der Studie lag die Annahme zu Grunde, dass sich die Bevölkerung eines Landes oder die Weltbevölkerung nach nationalen oder globalen Empfehlungen ernährt. Trotz so ausgewiesener positiver Effekte stehen 98 Prozent der insgesamt 85 untersuchten nationalen Ernährungsempfehlungen noch nicht im Einklang mit sämtlichen globalen Gesundheits- und/oder Umweltzielen. Hier besteht noch erheblicher Optimierungsbedarf.

Da eine Ernährung nach der PlanetaryHealth Diet der Modellierungsstudie von Springmann et al. (2020) zufolge theoretisch sowohl hinsichtlich der Gesundheit als auch der Umwelt größere Vorteile mit sich brächte als aktuelle Ernährungsempfehlungen einzelner Länder, wäre es sinnvoll, diese deutlich stärker an die Planetary Health Diet anzupassen.

Stärken und Schwächen der Untersuchung

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich vermutlich um die erste Untersuchung, die mehrere nationale Ernährungsempfehlungen mit der Planetary Health Diet vergleicht. Bisherige Studien stellten nur einzelne nationale Empfehlungen der Planetary Health Diet gegenüber, zum Beispiel die Empfehlungen der USA (Blackstone, Conrad 2020) oder die Deutschlands (Renner et al. 2021; Breidenassel et al. 2022). Andere Untersuchungen evaluierten Ernährungsempfehlungen hinsichtlich gesundheitlicher oder nachhaltiger Aspekte (Mazac et al. 2021; Springmann et al. 2020), führten aber keinen direkten Vergleich mit der Planetary Health Diet durch. Damit liefert die vorliegende Untersuchung erstmals einen Überblick zu Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen verschiedenen nationalen Ernährungsempfehlungen und der Planetary Health Diet.

Allerdings gingen von insgesamt 83 verfügbaren nationalen Guidelines lediglich sieben in den Vergleich ein. Die Untersuchung gibt daher nur einen ersten Einblick in die Thematik. Für ein tiefergehendes Verständnis sind weitere Vergleichsuntersuchungen mit einer größeren Anzahl nationaler Empfehlungen nötig. Außerdem stellte sich der Vergleich aufgrund der teilweise heterogenen Kategorisierung der Lebensmittelgruppen sowie teilweise unterschiedlicher, ungenauer oder fehlender Mengenempfehlungen als schwierig dar.

Zusammenfassung und Ausblick

Im direkten Vergleich mit der Planetary Health Diet zeigt sich, dass ökologische Aspekte der Ernährung bisher einen untergeordneten Stellenwert in den nationalen Ernährungsempfehlungen der ausgewählten sieben Länder haben. Der Schwerpunkt dieser Empfehlungen liegt auf der Gesundheit des Menschen. Angesichts globaler Herausforderungen wie der Klimakrise ist es jedoch wichtig, die Ernährung ganzheitlich zu betrachten. Ein erweitertes Ziel von Ernährungsempfehlungen könnte sein, bei den Menschen ein höheres Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich ihre Ernährung nicht nur auf die Gesundheit, sondern auch auf Umwelt und Klima auswirkt. Deshalb sollten nationale Ernährungsempfehlungen entsprechend optimiert werden. Dabei ließe sich beispielsweise mehr Betonung auf die Bedeutung verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsweisen (z. B. ökologisch vs. konventionell), die Vorteile regionaler und saisonaler Produkte sowie die ökologischen Auswirkungen der Produktion und des Konsums verschiedener Lebensmittelgruppen legen. Denkbar wäre auch, den ökologischen Fußabdruck einzelner Lebensmittelgruppen darzustellen (z. B. mittels Tabellen oder Grafiken zu Treibhausgasemissionen). Auch die Angabe einer maximal vertretbaren Menge an CO2-Äquivalenten pro Kopf könnte bei den täglich empfohlenen Verzehrsmengen Berücksichtigung finden.

Nationale Ernährungsempfehlungen sollten also im Sinne eines zeitgemäßen und ganzheitlichen Ansatzes die Gesundheit des Menschen und die des Planeten gleichermaßen im Visier haben. Vergleichsstudien mit der Planetary Health Diet zufolge gibt es hier in vielen Ländern noch Optimierungsbedarf.

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