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Eine Frau, von der man allerdings nur die Hände sieht, sitzt am Tisch und isst mit Messer und Gabel ein Gericht mit viel Fleisch von ihrem Teller.
AdobeStock, Kittiphan

(BZfE) – Wer in der frühen Kindheit im Zweiten Weltkrieg in Europa Fleischknappheit erlebt hat, überkompensiert diesen vorübergehenden Mangel oft ein Leben lang. Vor allem Frauen essen mehr Fleisch und leiden dadurch auch häufiger an den Folgeerkrankungen eines hohen Konsums wie Adipositas und Krebs. Das ist das Resultat einer gemeinsamen Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, der Erasmus-Universität Rotterdam und der Global Labor Organization, für die Daten von etwa 13.000 Menschen aus Italien ausgewertet wurden.

Die Forschenden haben untersucht, wie sich Fleischmangel im Zweiten Weltkrieg in Italien auf Ernährungsgewohnheiten, Body-Mass-Index (BMI) und andere Gesundheitsparameter der Betroffenen und ihrer Nachkommen im späteren Leben ausgewirkt hat. Dazu nutzten sie Daten des Italienischen Nationalen Instituts für Statistik (ISTAT).

Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) war die Nahrungsversorgung in vielen europäischen Ländern schlecht. In Italien ging der durchschnittliche Fleischkonsum pro Kopf vor allem in den Jahren 1943 bis 1944 stark zurück. Das war zum Teil darauf zurückzuführen, dass zur Deckung des Nahrungsbedarfs der einmarschierten deutschen Armee viele Nutztiere geschlachtet wurden und nicht mehr für die Bevölkerung zur Verfügung standen. Bereits im Jahr 1947 hatte der Fleischkonsum in fast allen Regionen Italiens wieder das Vorkriegsniveau erreicht.

Nach den Studienergebnissen wirkte sich ein Fleischmangel in der frühen Kindheit (bis zu einem Alter von zwei Jahren) besonders stark aus. Zudem gibt es Hinweise, dass Eltern bei den Nahrungsrationen Söhne gegenüber Töchtern bevorzugten. In den Jahren 1942 bis 1944 verloren bei zweijährigen Kindern Mädchen im Durchschnitt stärker an Gewicht als Jungen. Demnach haben Mädchen den Fleischmangel stärker erlebt, erklären die Forschenden.

Im späteren Leben aßen betroffene Frauen häufiger als Männer täglich Fleisch und ernährten sich insgesamt unausgewogener. Sie hatten auch häufiger Übergewicht, Adipositas und bestimmte Krebserkrankungen als Menschen, die keine Fleischknappheit erlebt hatten. Nach Auswertung der Daten übernahmen häufig auch ihre Kinder das ungesunde Essverhalten bis ins Erwachsenenalter.

„Auch ein kurzfristiger Mangel in der Kindheit hat großen Einfluss auf Lebensstil und Gesundheit gleich mehrerer Generationen“, fasst Effrosyni Adamopoulou von der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“ zusammen. Weitere Studien sollen folgen, um die Zusammenhänge besser zu verstehen und die Resultate zu untermauern.

Heike Kreutz, www.bzfe.de

Weitere Informationen:

https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp23054.pdf

https://www.zew.de/presse/pressearchiv/kriegskinder-ueberkompensieren-entbehrungen-rest-des-lebens

(Bildquelle: AdobeStock, Kittiphan)

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