Altersbeschränkung bei der Abgabe von Energydrinks?

Blick ins europäische Ausland

Europäische Fahne weht im Wind. © rustamank – stock.adobe.com
  • In Deutschland gibt es bislang keine Altersgrenze bei der Abgabe von Energydrinks.
  • Einzelne Länder im europäischen Ausland beschränken oder verbieten bereits den Verkauf von Energydrinks an Minderjährige.
  • Einheitlich geregelt in der EU sind die Kennzeichnung von Energydrinks sowie Höchstmengen von Koffein und weiteren für Energydrinks typischen Zutaten wie Taurin.
  • In der EU ist ein Warnhinweis zum Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen vorgeschrieben.

Energydrinks: Meinungsvielfalt in Deutschland

Ärzteschaft und unter anderen der Verbraucherschutz sprechen sich aus medizinischen Gründen schon länger für die Einführung einer Altersgrenze bei der Abgabe von Energydrinks in Deutschland aus. Nun haben sich auch Stimmen aus verschiedenen politischen Arbeitsgruppen sowie aus dem 2024 vom Bundestag eingesetzten Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ dafür ausgesprochen. Gegenstimmen, etwa aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), sehen aufgrund der bisherigen Erkenntnisse zu den möglichen gesundheitlichen Risiken (noch) keine Rechtfertigung für einen solchen Schritt.

Für unnötig erachten Herstellende und deren Verbände eine solche Maßnahme: Energydrinks seien – anders als andere anregende Getränke wie Kaffee oder Tee – auf europäischer und nationaler Ebene hinsichtlich Zusammensetzung, Höchstmengen und (Warn-)Kennzeichnung umfassend reguliert. Ergänzende Werbe- oder Verkaufsregeln seien angesichts dessen nicht erforderlich.

Eigenverantwortung stärken

Das BfR zieht in seiner Stellungnahme aus 2019 den Schluss, dass Heranwachsende entwicklungsbedingt Kennzeichnungen und Warnhinweise gern „übersehen“, Verbote ignorieren und möglichst umgehen – oder den „Reiz des Verbotenen“ bewusst suchen. Daher gelte es, ihre Eigenverantwortung zu stärken und die Aufklärung zu gesundheitlichen Risiken eines übermäßigen Energydrink-Konsums über Bildungsangebote – vorzugsweise im Setting Schule – zu intensivieren. 

Auch Empfehlungen aus der 2024 veröffentlichten FAIR-Studie zur Stärkung der Medienkompetenz von Heranwachsenden weisen in diese Richtung. „FAIR“ steht für „Förderung Adoleszenter Influencer-Resilienz“. Die Studie untersuchte, welchen Einfluss die (meist unerkannte) Werbung in den sozialen Medien auf das Konsumverhalten von Jugendlichen ausübt. Unter den fünf formulierten Handlungsempfehlungen findet sich unter anderem auch die Forderung nach einer Änderung der Rechtslage zur Kennzeichnung von Werbung. Posts mit Empfehlungen ohne Gegenleistung müssen in den sozialen Medien zurzeit nicht als Werbung gekennzeichnet werden. 

Verkaufsverbote und freiwillige Vereinbarungen im europäischen Ausland

Ein Blick über die nationalen Grenzen offenbart, dass einige EU-Mitgliedstaaten bereits ein Verkaufsverbot für Energydrinks an Minderjährige unter 18 Jahren eingeführt haben. Ausschlaggebend waren medizinische Gründe. Da die Datenbasis für eine fundierte wissenschaftliche Abschätzung insgesamt noch zu dünn ist, galten in der Regel Einzelfallstudien sowie Erfahrungsberichte von pädiatrischen und kardiologischen Fachgesellschaften als Referenz. Der Altersnachweis bei der Abgabe erfolgt an der Kasse im Einzelhandel per amtlichem Lichtbildausweis. 

In Lettland sind Verkauf und kostenfreie Abgabe an Minderjährige seit 2016 verboten. Zudem dürfen Jugendliche nicht an Verkauf oder Ausgabe von Energydrinks beteiligt werden. Im Einzelhandel werden Energydrinks getrennt von anderen Lebensmitteln und in Bildungseinrichtungen gar nicht angeboten. 

In Litauen ist der Verkauf von Energydrinks an Minderjährige seit 2014 verboten. Verstöße werden mit einer Geldstrafe von 60 bis 120 Euro geahndet, die Abgabe von Energydrinks mit einer Geldbuße von 20 bis 50 Euro bestraft. Es zeigte sich, dass im Jahr 2015 der Absatz im Einzelhandel um acht Prozent (71 Mio. Liter) zurückging. Das Verbot traf vor allem Herstellende von preisgünstigen Marken, die Jugendliche bevorzugt kaufen. 

In Polen trat das Verbot zum Verkauf von Energydrinks an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren im Januar 2024 in Kraft. Schon seit August 2023 dürfen Getränke mit Koffein- oder Taurinzusatz nicht in Schulen, in anderen Bildungseinrichtungen und über Verkaufsautomaten verkauft werden. Hier wird die Nichteinhaltung mit Geldstrafen bis zu 2000 PLN (etwa 460 Euro) geahndet. Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht von Koffein/Taurin sind deutlich teurer (bis 200.000 PLN (ca. 46.000 Euro), ggf. droht Freiheitsentzug). Als Energydrink gilt in Polen ein Getränk, das einen Koffeingrenzwert von 150 Milligramm pro Liter überschreitet und/oder Taurin enthält. Manche Herstellende haben in der Folge des Verkaufsverbots den Koffeingehalt in Energydrinks auf 140 Milligramm pro Liter reduziert, sodass unter 18-Jährige diese kaufen können. Zudem sind nun Süßwaren mit Koffein als Zutat am Markt.

In Rumänien sind Verkauf und kostenloses Anbieten von Energydrinks an Minderjährige seit März 2024 verboten, nachdem ein erster Gesetzentwurf im Jahr 2018 abgelehnt worden war. Bei Verstoß drohen Bußgelder zwischen 10.000 und 30.000 Lei (etwa 2.000 bis 6.000 Euro). Der Wiederholungsfall kann zur Schließung von Geschäften und Einrichtungen für zehn bis 30 Tage führen. 

In Ungarn existiert ein Gesetzentwurf für ein Verkaufs- und Ausschankverbot von Energydrinks an unter 18-Jährige. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften soll mit den gleichen Strafen belegt werden wie Verstöße gegen die Vorschriften zum Verkauf von alkoholischen Getränken, Tabakwaren oder Produkten mit sexuellem Bezug an Minderjährige. 

In Estland liegt ein Gesetzentwurf für ein Verkaufsverbot an unter 16-Jährige vor. Es gilt die Empfehlung, Werbung für Energydrinks und den Verkauf an Minderjährige in Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen grundsätzlich zu unterlassen.

In weiteren europäischen Ländern bestehen freiwillige Vereinbarungen für den Verkauf von Energydrinks. So gibt es in den Niederlanden einen freiwilligen Verhaltenskodex, Werbung an unter 16-Jährige zu beschränken, grundsätzlich nicht an weiterführenden Schulen zu werben und keine Energyshots zu verkaufen.

In Schweden hat der Lebensmitteleinzelhandelsverband eine Vereinbarung getroffen, Energydrinks und andere Produkte nicht an Personen unter 15 Jahren zu verkaufen und die Abgabe an über 15-jährige im Handel zu begrenzen. Der Gesetzgeber sieht bislang keine Notwendigkeit für eine Altersbeschränkung. Diese schütze nicht vor übermäßigem Koffeinkonsum. Stattdessen könne die Festlegung eines geringeren Höchstwertes für Koffein in Energydrinks eine geeignete Maßnahme sein.

EU: Harmonisierung bei Energydrinks steht noch aus

Derzeit gibt es keine Pläne für eine EU-weite Altersbeschränkung zur Abgabe von Energydrinks. Einheitlich geregelt sind bislang die Kennzeichnung von Energydrinks sowie Höchstmengen von Koffein und weiteren für Energydrinks typischen Zutaten wie Taurin. Zudem ist ein Warnhinweis zum Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen wie beispielsweise Kinder sowie schwangere und stillende Frauen verpflichtend vorgeschrieben. Diese Regelungen sollen den gesundheitlichen Verbraucherschutz gewährleisten.

Fazit

Altersbeschränkung für die Abgabe von Energydrinks an Heranwachsende – ja oder nein? Einige Nachbarn im europäischen Ausland haben bereits Maßnahmen umgesetzt, andere haben freiwillige Vereinbarungen zum Schutz von Heranwachsenden getroffen. In allen Fällen werden medizinische Gründe genannt. Entsprechende Effekte der Verkaufsverbote lassen sich aktuell nur in Einzelfällen verfolgen, etwa in Berichten aus Litauen oder Polen. Und ob entsprechende Maßnahmen überhaupt wirksam zu kontrollieren sind, bleibt offen.

Zudem herrschen unterschiedliche Sichtweisen vor, wie wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz von Heranwachsenden aussehen sollten. Aufgrund einer lückenhaften oder uneindeutigen wissenschaftlichen Datenlage stehen belastbare Erkenntnisse zum tatsächlichen Konsum, seiner Intensität nach Häufigkeit und Menge und den daraus folgenden gesundheitlichen Auswirkungen sowie zu geeigneten Maßnahmen vielerorts – auch hierzulande – noch aus.

Literatur


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