(BZfE) – Die sogenannten „Abnehmspritzen“ sind in Deutschland inzwischen so begehrt, dass es immer wieder zu Lieferengpässen kommt und auch gefährliche Fälschungen auftauchen. Seit 2023 sind die verschreibungspflichtigen Spritzen als Mittel zur Behandlung von Übergewicht auch in Deutschland zugelassen und erhältlich. Aber ist der Weg zum Idealgewicht tatsächlich so einfach? Das Kompetenzzentrum für Ernährung in Bayern hat auf seiner Website „Ernährungsradar“ die wissenschaftliche Grundlage dazu beleuchtet und bietet einen guten Überblick.
Der bislang am häufigsten eingesetzte Wirkstoff, Semaglutid, kann zu einem Gewichtsverlust von über 20 Prozent führen. Der Wirkstoff Tirzepatid erwies sich in Studien als noch wirksamer. Beide Stoffe wirken ähnlich: Sie regen die Insulinproduktion an und das senkt den Blutzuckerspiegel. Sie hemmen die Glucagonausschüttung und verstärken das Sättigungsgefühl. Zudem sorgen sie dafür, dass der Magen langsamer geleert wird. Dieses Zusammenspiel führt zu einer geringeren Zufuhr an Kalorien und es kann zu einer Gewichtsabnahme kommen. Wie hoch diese ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, vor allem aber vom Grad des Übergewichts.
Hierzulande sind die Abnehmspritzen nur auf Rezept erhältlich. Voraussetzung für eine Verschreibung ist ein Body-Mass-Index (BMI) über 30 oder von über 27 bei Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten oder Typ-2-Diabetes. Voraussetzung ist auch, dass vorher Therapieversuche sowie Ernährungsberatung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie erfolgt sind. Stand März 2025 erstatten die Krankenkassen die hohen Kosten von bis zu 4.000 Euro pro Jahr nur bei einer Diabetes-Erkrankung.
Mit der Abnehmspritze können erhebliche Nebenwirkungen wie Verstopfung, Völlegefühl, Übelkeit, Aufstoßen, Blähungen oder Magen-Darm-Beschwerden einhergehen. Selbst wenn diese Beschwerden mit der Zeit nachlassen, ist rund die Hälfte der Patienten davon betroffen. In seltenen Fällen kann es zu Gallenerkrankungen, einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, einer Störung der Magenentleerung und möglicherweise einem Darmverschluss kommen. Dies erklärt, weshalb eine ärztliche Begleitung der Anwendung zwingend empfohlen wird. Zusätzlich ist das Krebsrisiko der Wirkstoffe noch nicht wissenschaftlich untersucht und geklärt.
Für einen dauerhaften Abnehmerfolg reicht eine Abnehmspritze alleine auf keinen Fall aus. Denn das Körpergewicht steigt nach dem Ende der Behandlung wieder an. Dies verdeutlichte eine Studie des Washington Center for Weight Management and Research. Die Wissenschaftler prognostizierten den Teilnehmenden, dass diese ohne Abnehmspritze innerhalb von drei Jahren ihr Ausgangsgewicht wieder erreichen würden. Das sei aber auch bei klassischen Diätprogrammen der Fall, so die Aussage.
Die Faszination für schnelle Abnehmerfolge lenkt von der eigentlichen Herausforderung ab: Eine langfristige Umstellung des Lebensstils und der Ernährungsgewohnheiten ist unbedingt nötig, um das Gewicht dauerhaft zu halten.
Weitere Informationen:
Ernährungsradar: Abnehmspritzen – neue Hilfen gegen Übergewicht
Ernährungsradar: Die Debatte um die Abnehmspritzen
BZfE: Die Ernährungspyramide