Landwirtschaft ohne Tierhaltung – eine nachhaltige Lösung?

Weniger tierische Produkte, aber klima- und umweltfreundlich erzeugt

Kühe auf einer sommerlichen Bergweide. Im Hintergrund sind die Alpen zu sehen, darüber blauer Himmel. © Yakobchuk – stock.adobe.com
  • Die Erzeugung von Fleisch und anderen tierischen Produkten trägt zu einem hohen Anteil zum Ausstoß von Treibhausgasen und anderen Umweltproblemen bei.
  • Fachleute halten dennoch eine tierfreie Landwirtschaft weder für ökologisch sinnvoll noch für nachhaltig. Einige Menschen denken wiederum, dass nachhaltige Ernährung und Klimaschutz nur ganz ohne tierische Produkte funktionieren kann.
  • Weniger tierische Produkte, dafür aber klima- und umweltfreundlich erzeugt und aus artgerechten und ökologisch sinnvollen Haltungsformen –  das könnte die Lösung sein.
  • Am nachhaltigsten ist eine Viehwirtschaft auf Grünland, da sie einen klimaschonenden Beitrag für den Erhalt von Landschaft, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität sowie für den (Hoch-)Wasserschutz leistet. Diese Futterbasis wird ergänzt durch Koppelprodukte aus Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung.

Tierhaltung abschaffen?

Für manche ist die Sache klar: Nachhaltige Ernährung und Klimaschutz funktionieren nur ganz ohne tierische Produkte. Schließlich ist deren Erzeugung für einen Großteil der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich, aber auch für den Verlust an Biodiversität, die Verschmutzung von Trinkwasser und einige andere Umweltprobleme. Ohne Tierhaltung würden Ackerflächen für die menschliche Ernährung frei, auf denen heute Tierfutter angebaut wird. Nutztiere komplett abzuschaffen, würde also vermeintlich viele Probleme auf einmal lösen. So einfach, wie es sich anhört, ist es aber nicht. Fachleute aus Wissenschaft und Praxis halten eine tierfreie Landwirtschaft weder für ökologisch sinnvoll noch für nachhaltig. Im Gegenteil: Es könnten sogar neue Probleme entstehen, weil Nebenprodukte aus der pflanzlichen Produktion verschwendet würden. 

Nahrungskonkurrenz von Mensch und Tier

Auf etwa 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands wächst Futter für Nutztiere. Knapp die Hälfte davon ist Grünland, der Rest Ackerfläche. Während Wiesen und Weiden erst über den Umweg der Haltung von Wiederkäuern wie Rindern der menschlichen Ernährung dienen können, konkurrieren Menschen und Tiere um die Nahrungsmittel, die auf unseren Äckern wachsen: Gut die Hälfte des Getreides wird als Futtermittel eingesetzt. Und auch der überwiegende Teil der Ernte von Hülsenfrüchten dient als Tierfutter. Die zentrale Frage ist, ob diese Flächen nicht direkt der menschlichen Ernährung dienen könnten, statt ressourcenintensiv in tierische Lebensmittel umgewandelt zu werden. Immer mehr Forschende kommen zu dem Schluss, dass dies tatsächlich eine Lösung sein könnte, um das Ernährungssystem klima- und umweltgerechter zu machen.

Wiesen und Weiden nutzen

Bei der Tierhaltung steht in erster Linie die intensive Mast in der Kritik, in der vor allem bei Geflügel und Schweinen viel Getreide, Soja oder Mais verfüttert wird. Neben der Nahrungskonkurrenz sind die oft hohen Belastungen durch Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor negative Aspekte solcher Mastsysteme. Sie schaden der biologischen Vielfalt und belasten das Klima. Nicht zu vergessen: Probleme mit dem Tierwohl. Hier schneiden Rinder, die vornehmlich auf Wiesen grasen oder dort gewonnenes Heu fressen, besser ab; insbesondere dort, wo dieses Grünland als Ackerland völlig ungeeignet wäre. Der Weidegang in der Saison – meist von April bis Oktober – ist eine artgerechte Haltungsform und leistet gleichzeitig einen Beitrag zum Landschafts- und Klimaschutz. 

Sinnvolle Reststoffverwertung

Neben Grünland ist auch ein weiterer großer Anteil der pflanzlichen landwirtschaftlichen Erzeugung nicht für den direkten menschlichen Verzehr geeignet: die sogenannten Koppelprodukte. Das sind zum Beispiel Zwischenfrüchte aus dem Pflanzenbau oder Stroh. Auch in der Lebensmittelverarbeitung fallen viele Reste an. Trester, die Rückstände bei der Saftherstellung, und sogenanntes Extraktionsschrot, das nach der Rapsölpressung übrig ist, sind nur zwei Beispiele für wertvolle Nebenprodukte. Ein weiteres Beispiel sind Trockenschnitzel aus der Rübenzuckerherstellung. All diese nicht essbare Biomasse wird als Futter für Nutztiere gebraucht und durch Rind und Schwein sinnvoll verwertet. 

Weniger, aber besser

Statt die Tierhaltung als Ganzes anzuzweifeln, ist ein grundsätzliches Umdenken gefragt: Wir brauchen weniger tierische Produkte – dafür aber klima- und umweltfreundlich erzeugt und aus artgerechten und ökologisch sinnvollen Haltungsformen. Am nachhaltigsten ist eine Viehwirtschaft auf Grünland, da sie einen klimaschonenden Beitrag für den Erhalt von Landschaft, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität sowie für den (Hoch-)Wasserschutz leistet und keine Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln darstellt.

Weniger Tiere zu halten, hätte vielfältige positive Wirkungen auf Klima und Umwelt. Bisher sind landwirtschaftliche Betriebe aber auf die Einkommen aus der Tierhaltung angewiesen. Also brauchen sie eine Alternative: das müssten entweder höhere Preise für tierische Produkte sein, was aber derzeit nicht realistisch ist. Oder es müssten Alternativen im Bereich der pflanzlichen Nahrungsmittel für Einkommen sorgen. Das könnten Pilzzuchten sein oder andere Eiweißquellen. Die würden ja auch gebraucht, wenn der Verzehr tierischer Produkte sinkt. Die Tendenz dazu ist da. Die Planetary Health Diet und viele andere Ernährungsempfehlungen geben die Richtung vor.

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Bio-vegane Landwirtschaft – eine Nische

Wie das Video zeigt, kann der landwirtschaftliche Kreislauf auch ohne Tiere geschlossen werden: Beim sogenannten bio-veganen Anbau wird ausschließlich mit pflanzlichem Dünger wie Kompost gedüngt. Die Freisetzung von Nährstoffen ist allerdings weniger effizient als bei Wirtschaftsdünger, also den Ausscheidungen von Nutztieren. Daher wäre eine solche Wirtschaftsform wahrscheinlich nicht in der Lage, ausreichend Nahrung zu produzieren. 

Fragen und Antworten zu Nutztierhaltung und Fleischerzeugung


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