- Die Erzeugung von Fleisch und anderen tierischen Produkten trägt zu einem hohen Anteil zum Ausstoß von Treibhausgasen und anderen Umweltproblemen bei.
- Fachleute halten dennoch eine tierfreie Landwirtschaft weder für ökologisch sinnvoll noch für nachhaltig. Einige Menschen denken wiederum, dass nachhaltige Ernährung und Klimaschutz nur ganz ohne tierische Produkte funktionieren kann.
- Weniger tierische Produkte, dafür aber klima- und umweltfreundlich erzeugt und aus artgerechten und ökologisch sinnvollen Haltungsformen – das könnte die Lösung sein.
- Am nachhaltigsten ist eine Viehwirtschaft auf Grünland, da sie einen klimaschonenden Beitrag für den Erhalt von Landschaft, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität sowie für den (Hoch-)Wasserschutz leistet. Diese Futterbasis wird ergänzt durch Koppelprodukte aus Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung.
Tierhaltung abschaffen?
Für manche ist die Sache klar: Nachhaltige Ernährung und Klimaschutz funktionieren nur ganz ohne tierische Produkte. Schließlich ist deren Erzeugung für einen Großteil der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich, aber auch für den Verlust an Biodiversität, die Verschmutzung von Trinkwasser und einige andere Umweltprobleme. Ohne Tierhaltung würden Ackerflächen für die menschliche Ernährung frei, auf denen heute Tierfutter angebaut wird. Nutztiere komplett abzuschaffen, würde also vermeintlich viele Probleme auf einmal lösen. So einfach, wie es sich anhört, ist es aber nicht. Fachleute aus Wissenschaft und Praxis halten eine tierfreie Landwirtschaft weder für ökologisch sinnvoll noch für nachhaltig. Im Gegenteil: Es könnten sogar neue Probleme entstehen, weil Nebenprodukte aus der pflanzlichen Produktion verschwendet würden.
Nahrungskonkurrenz von Mensch und Tier
Auf etwa 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands wächst Futter für Nutztiere. Knapp die Hälfte davon ist Grünland, der Rest Ackerfläche. Während Wiesen und Weiden erst über den Umweg der Haltung von Wiederkäuern wie Rindern der menschlichen Ernährung dienen können, konkurrieren Menschen und Tiere um die Nahrungsmittel, die auf unseren Äckern wachsen: Gut die Hälfte des Getreides wird als Futtermittel eingesetzt. Und auch der überwiegende Teil der Ernte von Hülsenfrüchten dient als Tierfutter. Die zentrale Frage ist, ob diese Flächen nicht direkt der menschlichen Ernährung dienen könnten, statt ressourcenintensiv in tierische Lebensmittel umgewandelt zu werden. Immer mehr Forschende kommen zu dem Schluss, dass dies tatsächlich eine Lösung sein könnte, um das Ernährungssystem klima- und umweltgerechter zu machen.
Wiesen und Weiden nutzen
Bei der Tierhaltung steht in erster Linie die intensive Mast in der Kritik, in der vor allem bei Geflügel und Schweinen viel Getreide, Soja oder Mais verfüttert wird. Neben der Nahrungskonkurrenz sind die oft hohen Belastungen durch Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor negative Aspekte solcher Mastsysteme. Sie schaden der biologischen Vielfalt und belasten das Klima. Nicht zu vergessen: Probleme mit dem Tierwohl. Hier schneiden Rinder, die vornehmlich auf Wiesen grasen oder dort gewonnenes Heu fressen, besser ab; insbesondere dort, wo dieses Grünland als Ackerland völlig ungeeignet wäre. Der Weidegang in der Saison – meist von April bis Oktober – ist eine artgerechte Haltungsform und leistet gleichzeitig einen Beitrag zum Landschafts- und Klimaschutz.
Sinnvolle Reststoffverwertung
Neben Grünland ist auch ein weiterer großer Anteil der pflanzlichen landwirtschaftlichen Erzeugung nicht für den direkten menschlichen Verzehr geeignet: die sogenannten Koppelprodukte. Das sind zum Beispiel Zwischenfrüchte aus dem Pflanzenbau oder Stroh. Auch in der Lebensmittelverarbeitung fallen viele Reste an. Trester, die Rückstände bei der Saftherstellung, und sogenanntes Extraktionsschrot, das nach der Rapsölpressung übrig ist, sind nur zwei Beispiele für wertvolle Nebenprodukte. Ein weiteres Beispiel sind Trockenschnitzel aus der Rübenzuckerherstellung. All diese nicht essbare Biomasse wird als Futter für Nutztiere gebraucht und durch Rind und Schwein sinnvoll verwertet.
Weniger, aber besser
Statt die Tierhaltung als Ganzes anzuzweifeln, ist ein grundsätzliches Umdenken gefragt: Wir brauchen weniger tierische Produkte – dafür aber klima- und umweltfreundlich erzeugt und aus artgerechten und ökologisch sinnvollen Haltungsformen. Am nachhaltigsten ist eine Viehwirtschaft auf Grünland, da sie einen klimaschonenden Beitrag für den Erhalt von Landschaft, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität sowie für den (Hoch-)Wasserschutz leistet und keine Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln darstellt.
Weniger Tiere zu halten, hätte vielfältige positive Wirkungen auf Klima und Umwelt. Bisher sind landwirtschaftliche Betriebe aber auf die Einkommen aus der Tierhaltung angewiesen. Also brauchen sie eine Alternative: das müssten entweder höhere Preise für tierische Produkte sein, was aber derzeit nicht realistisch ist. Oder es müssten Alternativen im Bereich der pflanzlichen Nahrungsmittel für Einkommen sorgen. Das könnten Pilzzuchten sein oder andere Eiweißquellen. Die würden ja auch gebraucht, wenn der Verzehr tierischer Produkte sinkt. Die Tendenz dazu ist da. Die Planetary Health Diet und viele andere Ernährungsempfehlungen geben die Richtung vor.

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Mehr Informationen
Bio-vegane Landwirtschaft – eine Nische
Wie das Video zeigt, kann der landwirtschaftliche Kreislauf auch ohne Tiere geschlossen werden: Beim sogenannten bio-veganen Anbau wird ausschließlich mit pflanzlichem Dünger wie Kompost gedüngt. Die Freisetzung von Nährstoffen ist allerdings weniger effizient als bei Wirtschaftsdünger, also den Ausscheidungen von Nutztieren. Daher wäre eine solche Wirtschaftsform wahrscheinlich nicht in der Lage, ausreichend Nahrung zu produzieren.
Fragen und Antworten zu Nutztierhaltung und Fleischerzeugung
Anschaulich wir das am Beispiel Schweinefleisch. In Deutschland liegt der Selbstversorgungsgrad (SVG) hierfür bei 135 Prozent. Es wird also deutlich mehr erzeugt als hierzulande gegessen wird. Trotzdem importieren wir jährlich rund 942.000 Tonnen Schweinefleisch. Dabei handelt es sich meist um sogenannte Edelteile wie Filet, Schnitzel oder Koteletts. Davon gibt es trotz des hohen SVG nicht genug. Daher kommt die zusätzlich benötigte Menge an Edelteilen aus anderen Ländern, vor allem aus Belgien, Dänemark und den Niederlanden.
Dagegen werden Teilstücke wie Kopf, Füße oder Schwänze, die bei uns kaum auf den Teller kommen, in anderen Ländern gerne gegessen und daher exportiert. Der größte Teil des exportierten Schweinefleischs – insgesamt mehr als die Hälfte – geht jedoch an unsere europäischen Nachbarländer wie Italien, Polen und die Niederlande. Bei diesen Exporten handelt es sich im weit überwiegenden Fall um Edelteile, die dann wiederum in Deutschland fehlen und woanders her importiert werden müssen. Das wirft unweigerlich die Frage auf, wie sinnvoll es ist, Lebensmittel zu exportieren, mit denen man sich dann wieder aus dem Ausland eindecken muss. Auf einem freien Markt, wie wir ihn in Europa haben, ist eine solche Dynamik aber üblich und wird von Preis und Nachfrage bestimmt.
Vor allem Schweine und Geflügel brauchen reichlich hochwertiges Eiweißfutter, um schnell ein hohes Schlachtgewicht zu erreichen. Ausschlaggebend für die Eiweißqualität ist das Aminosäureprofil. Das wird optimal durch Sojaextraktionsschrot abgedeckt, der nach dem Pressen von Sojaöl übrigbleibt. Daher ist Soja das beliebteste und am meisten genutzte Eiweißfuttermittel. Weil jedoch weder in Deutschland noch in der EU in ausreichend große Mengen erzeugt werden, wird der Großteil aus Übersee importiert.
Durch den stark gestiegenen Anbau von Raps in Deutschland trägt auch Rapsschrot aus der Ölsaatenverarbeitung zur Eiweißversorgung der heimischen Nutztiere bei. Ein weiteres wichtiges Eiweißfuttermittel sind Erbsen. Und auch Lupinen aus heimischem Anbau sind zunehmend als Alternative zu importierten Eiweißquellen wie Soja gefragt.
Mehr Informationen finden Sie auf der Website des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL):
Nachhaltigkeit hat viele Facetten, von Klima- und Umweltaspekten über soziale Gerechtigkeit bis zum Tierwohl. Eine klare Empfehlung auszusprechen, ist so gut wie unmöglich und auch nicht sinnvoll. Hier müssen Verbraucherinnen und Verbraucher selbst entscheiden, was ihnen wichtig ist. Um eine Entscheidung fällen zu können, im Folgenden ein paar Fakten:
Geflügel verursacht relativ niedrige CO₂-Emissionen und einen geringeren Wasserverbrauch im Vergleich zu Rind und Schwein. CO₂ als Treiber der Klimakrise ist jedoch allein wenig aussagekräftig. Denn die Nutztierhaltung, vor allem die intensive Mast, ist für zahlreiche weitere Umweltprobleme verantwortlich, zum Beispiel für den Landverbrauch oder die Grundwasserverschmutzung. Rinder, die auf der Weide gehalten werden, haben hier die Nase vorn.
Klima- und umweltfreundlich ist auch Wildfleisch, da es nicht gezüchtet wird und in freier Wildbahn heranwächst. Wildfleisch aus nachhaltiger Jagd hat allerdings auch seinen Preis. Das gilt auch für andere Fleischarten aus Bio-Haltung oder anderen besonders nachhaltigen und tierwohlgerechten Produktionsformen, wie z.B. Neuland. Dies ist nicht für alle Menschen in Deutschland erschwinglich. Auch für die tierhaltenden Betriebe ist der Preis existentiell: Wenn sie nachhaltig wirtschaften wollen, brauchen sie ein faires Einkommen. Der Handel und private Haushalte können regionale Landwirtinnen und Landwirte, die das Tierwohl in den Mittelpunkt stellen, mit ihrem Kaufverhalten unterstützen und so auch die lokale Wertschöpfung fördern. Das macht nicht zuletzt unabhängiger von globalen Marktstrukturen.
Grundsätzlich ist nicht die Frage, welche Fleischart am nachhaltigsten ist, sondern dass wir deutlich weniger Fleisch essen. Und je verantwortungsvoller es erzeugt wird, desto besser.