- Der Whole Institution Food Approach ist ein Ansatz und Weg für Schulen, die sich für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung einsetzen möchten.
- Er umfasst neben Ernährungsbildung im Unterricht auch Veränderungen im Schulleben, in der Schulkultur und bei der Verpflegung.
- Wissenschaftliche Studien weisen nach, dass solche gesamtinstitutionellen Ansätze wirksam sind.
- Der konkrete Fokus auf das Thema Ernährung kann ein Fundament für die übergeordneten Themenfelder Gesundheit und Nachhaltigkeit legen.
Ein vielversprechender Ansatz für Schulen
Unter dem Whole Institution Food Approach (WIFA) versteht das BZfE einen Entwicklungsprozess, der die gesamte Institution Schule in den Blick nimmt und dabei den Fokus auf Ernährung legt. Ziel ist es,
- die Ernährungskompetenzen der gesamten Schulgemeinschaft zu stärken und
- allen, die dort lernen und arbeiten ein besseres Essen und Trinken zu ermöglichen.
Dafür bezieht der Ansatz alle Handlungsfelder einer Schule und damit die gesamte Schulgemeinschaft mit ein. Denn der WIFA betrachtet Schulen als Lern- und Lebensort gleichermaßen. Hier lernen Schülerinnen und Schüler fürs Leben und verbringen - genau wie Pädagoginnen, Pädagogen und weiteres Schulpersonal - einen Großteil ihres Tages.
„Ernährung“ auf jede Fahne schreiben
Wer im Unterricht lernt (oder lehrt), wie eine gesunde und umweltfreundliche Ernährung aussieht, darf sich auch fragen, warum der Schulkiosk nur Süßes oder die Mensa kein frisches Gemüse anbietet.
Einzelne Lehrkräfte, Projekttage oder AGs können dieses Dilemma nicht lösen. Es braucht vielmehr einen Prozess, der sowohl die Unterrichtsinhalte als auch das gesamte Schulleben unter die Lupe nimmt und verändert. Nicht alles auf einmal (und in den seltensten Fällen reibungslos), aber Schritt für Schritt und unter Einbeziehung aller Akteurinnen und Akteure. Dazu gehört neben der gesamten Schulgemeinschaft auch der Schulträger.
Entscheidend ist, dass die Schule sich das Thema „Ernährung“ bewusst auf jede Fahne schreibt und bei allen ihren Entscheidungen die Stärkung von Ernährungskompetenzen mitdenkt und anstrebt: Für eine Schule, an der alle gerne essen und leben.
Die wichtigsten Stellschrauben
Schulen, die den WIFA umsetzen möchten, brauchen früher oder später eine Steuer- oder Lenkungsgruppe. Sie ist Dreh- und Angelpunkt guter Kommunikation und Beteiligung. Wie und in welcher Reihenfolge die Schule die verschiedenen Handlungsfelder des WIFA angeht, ist jedoch variabel. Hier finden Sie gute Argumente und Erläuterungen zu den wichtigsten Stellschrauben, an denen es sich zu drehen lohnt.
Alle Lehrkräfte, pädagogischen Fachkräfte, aber auch das Küchen- und Mensapersonal und nicht zuletzt die Hausmeisterinnen und Hausmeister brauchen regelmäßige Fortbildungen, um ihre Rolle bei der Umsetzung des WIFA zu verstehen und motiviert auszufüllen. Förderlich ist auch ein regelmäßiger Austausch untereinander, damit das Schulteam kooperativ zusammenarbeiten kann.
Ernährungsbezogener Unterricht wirkt auf zwei Ebenen: Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Ernährungsskompetenzen und sie verstehen, warum Veränderungen beim Schulessen oder im Schulleben nötig sind. Sei es für die eigene Gesundheit oder für den Umweltschutz. Ernährungsbildung kann in zahlreichen Fächern und in jeder Klassenstufe stattfinden.
Entscheidend für das Gelingen des WIFA ist eine gut funktionierende und kommunizierende Steuer- oder Lenkungsgruppe. Diese braucht die Rückendeckung der Schulleitung und darf die Partizipation aller Betroffenen nicht aus den Augen verlieren. Zur guten Kommunikation gehört, dass das Leitbild der Schule und/oder der Schulentwicklungsplan die Förderung von Ernährungskompetenz und den gesamtinstitutionellen Ansatz als klare Ziele formulieren.
Ein Verpflegungskonzept erleichtert die Arbeit. Darin lässt sich unter anderem festlegen, dass das Essens- und Getränkeangebot den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) entsprechen soll. Auch die Frage nach der pädagogischen Begleitung der Kinder beim Essen kann hier geklärt werden. Wichtig für die Akzeptanz des Schulessens ist, dass die Kinder und Jugendlichen ihre Wünsche einbringen und sich partizipativ beteiligen können. Denn wer mitmachen und mitbestimmen darf, ist aufgeschlossener für Veränderungen.
Ernährungsbildung findet immer statt, auch in den Pausen. Zeiteinteilungen und räumliche Gegebenheiten prägen das Ernährungsverhalten meist unbewusst, aber nicht unerheblich. Ist der Schultag so getaktet, dass genug Zeit für Frühstück und Mittagessen bleibt? Fühlen sich die Lernenden in der Mensa wohl und verbringen sie dort gerne ihre Pause? Wird Garten- und Kochaktionen ausreichend Zeit eingeräumt und Wert zugeschrieben? Und nicht zuletzt: Gibt es überhaupt einen Schulgarten und eine Lernküche?
Projektwochen, AGs und Aktionen aller Art können die formale Ernährungsbildung bereichern, wenn auch nicht ersetzen. Als besonders sinnstiftend hat sich die Zusammenarbeit mit außerschulischen Lernpartnern erwiesen. Lokale Bauernhöfe, Bäckereien, Caterer oder Ackerprojekte ermöglichen Exkursionen und machen Lebensmittelerzeugung erlebbar. Auch die Koch- oder Schulgarten-AG profitiert, wenn Menschen mit Praxisbezug sie unterstützen.
Der WIFA im Überblick
Zwei Schulen, zwei Wege, ein Ziel
In einer hessischen Gesamtschule hat eine Kartoffelpflanzaktion eine Reihe von Veränderungen nach sich gezogen. Zunächst führte die unterrichtsergänzende Aktion zur Wiederbelebung des Schulgartens. Dann entstand eine Koch-AG. Richtig Fahrt aufgenommen hat das Ganze aber erst, seit es eine Steuergruppe „Gesunde Schule“ gibt. Diese hat u.a. dafür gesorgt, dass die Mensa nun auch ausgewogene, von Kindern „entworfene“ Snacks anbietet. Darüber hinaus können die Schülerinnen und Schüler freiwillig das Profil Ernährung wählen.
An einem Gymnasium in Frankfurt am Main wiederum haben ein mangelhaftes Essensangebot sowie Verschmutzungen und Sachbeschädigungen in der Mensa den Anstoß gegeben, sowohl die Verpflegung als auch die Ernährungsbildung zu stärken. Kleine Maßnahmen verbesserten die räumlichen Gegebenheiten in der Mensa, ein „Arbeitskreis Schulmensa“ gründete sich und organisiert seitdem verschiedene Fortbildungen. Als besonders erfolgreich im Bereich Bildung gilt ein Peer-Learning-Workshop, der seit acht Jahren fest verankert ist.
Ernährung legt Fundament für mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit
Wie das Beispiel aus Frankfurt zeigt: Ein Schulentwicklungsprozess mit Fokus auf Ernährung kann das Fundament legen für weitere Veränderungen in den übergeordneten Themenfeldern Gesundheit und Nachhaltigkeit. So kamen an dem oben genannten Gymnasium sukzessive auch Schulentwicklungsprozesse in Richtung Wohlbefinden, Bewegung, Nachhaltigkeit und Partizipation in Gang. Nach dem Vorbild des Arbeitskreises Schulmensa gründete sich beispielsweise ein Gesundheitsteam. Mittlerweile trägt die Schule das Zertifikat „Gesundheitsfördernde Schule“.
Ganzheitliche Ansätze wirken
Egal in welche Richtung eine Schule sich verändern möchte: Ganzheitliche (auch systemisch, gesamtinstitutionell oder organisational genannte) Ansätze gelten als überlegen gegenüber ausschließlich verhaltensbezogenen Maßnahmen. Sowohl im Bereich Nachhaltigkeit als auch im Themenfeld Gesundheit erforschen und empfehlen Bildungsfachleute zunehmend solche Ansätze:
- Die Konzepte „Gute und gesunde Schule“ sowie „Gesundheitskompetente Schule“ verfolgen beispielsweise organisationale Ansätze. Mehr zu den unterschiedlichen Ansätzen finden Sie beim Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG).
- Der Whole Institution Approach (WIA) stammt aus der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und strebt Nachhaltigkeit auf allen Ebenen einer Institution an. Mit Blick auf Schulen hat sich dafür der Begriff Whole School Approach (WSA) etabliert. Eine aktuelle Studie des nationalen BNE-Monitorings belegt zum Beispiel die Wirksamkeit des WSA auf die Nachhaltigkeitsbildung.
- Der Whole School Food Approach (WSFA) setzt einen Fokus auf die Ernährungskultur in Schulen. Dieser Ansatz wird derzeit im Rahmen des EU-weiten Projektes SchoolFood4Change erprobt.
So profitiert auch das Umfeld
Sobald der Ball ins Rollen gekommen ist, kann sich der WIFA positiv auf das Schulumfeld auswirken. Zum einen nimmt er Einfluss auf Familien, die von der wachsenden Ernährungskompetenz ihrer Kinder profitieren und idealerweise in Veränderungsprozesse eingebunden werden.
Zum anderen strahlt das Engagement einer Schule auf die gesamte Kommune aus. Benachbarte Bildungsinstitutionen können sich zum Beispiel „anstecken“ lassen und ähnliche Prozesse anstoßen. Das vergrößert Bildungsnetzwerke in der Kommune oder Region. Die beteiligten Schulen und Kindergärten können sich untereinander austauschen, Synergien nutzen und zum Beispiel gemeinsame Fortbildungen oder Aktionen planen. Von einem aktiven Netzwerk profitieren auch außerschulische Lernpartner sowie Initiativen, Lebensmittelunternehmen und Bauernhöfe aus der Region.
Fazit des BZfE
Wer Ernährungsbildung und Verpflegung nicht als lästige “on top”-Themen versteht, kann sie zur Erprobung eines ganzheitlichen Schulentwicklungsprozesses nutzen und so einen wertvollen Beitrag zu mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit an Schulen leisten.
Unterstützungsangebote
EU-Projekt SchoolFood4Change
Materialien für Kitas und Schulen zur Einführung und Umsetzung einer ganzheitlichen Ernährungskultur
Projekt „Gesundheitskompetente Schule“
Leitfaden und Materialsammlung für Schulen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz
Schulen im Aufbruch
Transformationsbegleitung von Schulen im Sinne des Whole School Approach
Edustain WSA Navigator
State-of-the-Art Framework zur Definition, Steuerung und Messung der Nachhaltigkeit von Schulen
Hintergrundinformationen
Die Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur BNE in der Schule (externer Link, 274 KB, 17 Seiten, nicht barrierefreie PDF-Datei)
Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule vom 13.06.2024.
Der Nationale Aktionsplan BNE auf dem BNE-Portal des Bundes
Handreichungen sowie einen Link auf den Nationalen Aktionsplan BNE, der in den Handlungsfeldern III (Lernort/Sozialraum) und V (Partizipation) die Bedeutung des Whole System Approach hervorhebt.
Gemeinsam gut essen!
Sie möchten die Verpflegung in Ihrer Schule, Kita oder Kindertagespflegeeinrichtung verbessern? Sie suchen eine Fortbildung, benötigen Material oder Unterstützung vor Ort? Das Bundeszentrum Kita- und Schulverpflegung ist Ihr zentraler Ansprechpartner rund um gesundes Essen in Kindertagesbetreuung und Schule.