Frische Fischfang-Fakten

Daran erkennt man Fisch aus nachhaltiger Fischerei

Ein Fischkutter fährt auf der Nordsee. © jokuephotography – stock.adobe.com

(BZfE) – Zunächst ein paar Fakten: Nach jüngsten Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erreichte die weltweite Fischerei und Aquakulturproduktion mit 185,4 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchten einen neuen Höchststand. Zum ersten Mal in der Geschichte hat dabei die Aquakultur die Fischerei mit einem Anteil von 51 Prozent überholt. 11 bis 26 Millionen Tonnen werden jährlich illegal und unreguliert gefischt, so FAO-Schätzungen, das entspricht 12 bis 30 Prozent der legalen Fangmenge.

Rund 38 Prozent der weltweiten Fischbestände sind aktuell laut FAO überfischt; 1974 waren es noch 10 Prozent. 50 Prozent der kommerziell genutzten Bestände gelten als maximal, aber nachhaltig genutzt und 11 Prozent haben noch Entwicklungspotenzial. Das wurde auf einem Webinar des Marine Stewardship Council (MSC) Mitte Mai diskutiert. In der öffentlichen Kommunikation werden die maximal genutzten Bestände oftmals den überfischten Beständen zugerechnet, so Gerlinde Geltinger vom MSC, was den Eindruck suggeriere, dass diese Bestände kurz vor dem Kollaps stünden. Dies bestätigt auch das Thünen-Institut für Seefischerei. Das sei aber falsch, da gerade die maximal aber nachhaltig genutzten Bestände das Ziel seien: möglichst viel Protein für die menschliche Ernährung gewinnen, ohne die Produktivität der Bestände zu gefährden. Würden die bis dato überfischten Bestände nachhaltig bewirtschaftet, könnten, so Geltinger, 16 Millionen Tonnen Fisch mehr gefangen werden, was den täglichen Proteinbedarf von zusätzlichen 72 Millionen Menschen decken könnte.

An dieser Stelle ein näherer Blick auf den Begriff „Überfischung“. Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Seefischerei sagen dazu: „Wenn Fischerei dazu führt, dass mehr Fische aus einem Bestand entnommen werden, als in den Folgejahren durch natürliche Vermehrung und Zuwanderung nachwachsen können, sprechen Fischereibiologen von Rekrutierungsüberfischung. Die ultimative Konsequenz wäre das Aussterben eines Fischbestandes. Das ist aber in der Meeresfischerei noch nie vorgekommen, da sich bei geringen Bestandsgrößen gezielte Fischerei nicht mehr lohnt und eingestellt wird. Aber auch diesseits der Aussterbensschwelle drohen schwerwiegende Konsequenzen für den Bestand, das Ökosystem sowie für die Fischer.“ Betrachtet man den Komplex näher, so wird es noch komplizierter; denn nicht nur die FAO gibt Zustandsbewertungen für Fischbestände heraus, sondern auch die EU-Kommission und nationale Behörden. Dabei sind allerdings weder Datengrundlagen noch Schwellenwerte zur Überfischung global vereinheitlicht. 

Aber woran können sich Verbrauchende orientieren? Es gibt eine ganze Reihe von Siegeln, die bei der Kaufentscheidung helfen können: 

  • Der MSC-Standard für nachhaltige Fischerei gliedert sich in drei Prinzipien: gesunde Größe des Fischbestands, Erhalt des Ökosystems und effektives Fischereimanagement. Von der weltweiten Gesamtfangmenge sind nach eigenen Angaben 16 Prozent MSC-zertifiziert.
  • Für Fisch aus Aquakulturen gibt es das Siegel des Aquaculture Stewardship Council (ASC). Die Standards legen nach eigenen Angaben Kriterien fest, die Aquakulturbetriebe erfüllen müssen, um als nachhaltig und verantwortungsbewusst eingestuft zu werden.
  • Friends of the Sea (FOS) ist ein Siegel für Wildfisch und Aquakulturen. Die ökologischen Richtlinien für die Fischerei umfassen beispielsweise: keine Fische aus überfischten Beständen, Schutz des marinen Lebensraums sowie schonende Fischereimethoden. Zusätzlich werden auch soziale Aspekte berücksichtigt.
  • SAFE ist ein internationales Kontrollprogramm für delfinsicheren Thunfisch in Dosen des Earth Island Institute.
  • Naturland Wildfisch – neben den allgemeinen Regelungen für eine nachhaltige Fischerei definiert Naturland zusätzlich spezifische Bewirtschaftungsauflagen in ökologischer, sozialer und ökonomischer Dimension.
  • GGN (GLOBAL G.A.P. Nummer) ist ein Standard für zertifizierte Aquakultur. Anhand einer 13-stelligen Identifikationsnummer können alle auf ggn.org nachschauen, wer das Endprodukt hergestellt hat und auf welcher Farm es gezüchtet wurde.
  • Last but not least das EU-Bio-Logo. Die EU-Ökoverordnung legt verbindliche Richtlinien für Bio-Aquakulturen fest. Zum Beispiel naturnahe Becken mit artspezifischen Bestandsdichten. Die generell maßgeblichen Anforderungen sind eine geringe Umweltbelastung, das Gewährleisten einer guten Tiergesundheit und eine hohe Produktqualität.

Neben den verschiedenen Siegeln gibt es auch Ratgeber, die ebenfalls die Kaufentscheidung erleichtern können, wie zum Beispiel die „Guter-Fisch“-Liste, die von verschiedenen Organisationen herausgegeben wird. Wer sich auf staatliche Quellen verlassen möchte, wird bei „Fischbestände Online“ des Thünen-Instituts fündig. Der Online-Auftritt liefert aktuelle und wissenschaftlich fundierte Informationen zum Zustand von wilden Meeres-Fischbeständen, die für den deutschen Markt von Bedeutung sind. 

Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de

Weitere Informationen:

FAO: The State of World Fisheries and Aquaculture 2024

Thünen-Institut: Überfischung – einfaches Wort mit kompliziertem Inhalt

Verbraucherzentrale: Guter Fisch

Thünen-Institut: Fischbestände Online 

Marine Stewardship Council

ASC-Siegel

BLE: Fischerei

BMLEH: Versorgungsbilanz Fisch