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Was bedeutet "zuckerfrei" oder „ohne Zuckerzusatz“? Und was dürfen Herstellerfirmen über den Gesundheitswert von Zucker sagen?

VRD / stock.adobe.com

Als eine von sieben Pflichtangaben in der Nährwertkennzeichnung wird Zucker in der EU-Lebensmittelinformationserordnung1169/2011 (LMIV) definiert. Danach steht der Begriff Zucker für „alle in Lebensmitteln vorhandenen Monosaccharide und Disaccharide, ausgenommen
mehrwertige Zuckeralkohole“ (Art. 2 Abs. 4 i. V. m. Anhang I LMIV). Wenn also Lebensmittel zum Beispiel anstelle von Weiß-/Haushaltszucker mit anderen süßenden Lebensmitteln, zum Beispiel Dicksaft oder Honig gesüßt sind, zeigt sich das in der Nährwerttabelle auf einen Blick. Im Zutatenverzeichnis kann sich Zucker hinter Begriffen wie Gerstenmalzextrakt, Reissirup oder Dextrose verbergen.

Nährwertangaben

Als „zuckerfrei“ oder „zuckerreduziert“ dürfenLebensmittel nur beworben werden, wenn sie die Anforderungen der Health Claims-Verordnung (VO (EG)1924/2006, HCVO) erfüllen. So etwa gilt ein Joghurt-Drink rechtlich betrachtet als „zuckerfrei“, wenn er nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält. Synonyme Formulierungen wie „ohne Zucker“ sind zulässig, solange sie nicht täuschend sind. Berechnungsgrundlage des Zuckergehaltes ist wie bei der Nährwertkennzeichnung die Zuckerdefinitiongemäß LMIV.


Die Angabe „Ohne Zusatz von Zucker“besagt, dass dem Produkt kein Extrazucker im Sinne der LMIV zugesetzt wurde. Zuckerfrei ist ein entsprechendes Produkt also nicht zwingend. Steht zum Beispiel auf einem Müsli „Ohne Zusatz von Zucker“ dürfte dieses durchaus Rosinen enthalten – und mit ihnen eine gehörige Portion Zucker. Denn laut Health Claims-Verordnung setzt diese Werbebotschaft lediglich voraus, dass die Rosinen dem Müsli nicht primär wegen ihrer süßenden Wirkung zugesetzt wurden, sondern etwa aus Geschmacksgründen. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte laut Health Claims-Verordnung auf der Packung der zusätzliche Hinweis „enthält von Natur aus Zucker“ stehen. Verbindlich vorgeschrieben ist das jedoch nicht.

Werbung mit Gesundheitswirkungen

Als schneller Energielieferant entfaltet Zucker, genau genommen Glukose, durchaus erwünschte Wirkungen im Organismus. Beworben werden darf das jedoch nicht. So hat die EU-Kommission  im Jahr 2015 unter anderem die Aussage „Glukose unterstützt die normale körperliche Betätigung“ verboten, obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) diese als wissenschaftlich erwiesen bewertet hatte. Der Grund: Eine Werbung mit positiven Wirkungen von Glukose auf den Stoffwechsel würde ein verwirrendes Signal aussenden, wo doch allgemein zu einer Reduktion des Zuckerkonsums geraten werde (VO (EG) 2015/8).

Speziell für Fruktose wurde jedoch ein Health Claim erlaubt, obwohl die Ernährungswissenschaft einen hohen Fruktosekonsum kritisch bewertet. So dürfen zuckergesüßte Lebensmittel und  Getränke, deren Saccharose- oder Glukosegehalt in Höhe von mindestens 30 Prozent durch Fruktose ersetzt wurde, damit beworben werden, dass ihr Verzehr einen im Vergleich zum Ursprungsprodukt geringeren Glukoseanstieg im Blut auslöst (Anhang VO (EG) 432/2012).

Irreführende Werbung für süßende Alternativen

Süßende Zuckeralternativen wie Honig oder neuerdings Kokosblütenzucker gelten in der Werbung oft als „gesunde Zucker“. Wissenschaftlich haltbar und damit rechtlich zulässig sind  solche Botschaften jedoch nicht. So haben die Verbraucherzentralen jüngst erfolgreich eine Werbung für Kokosblütenzucker abgemahnt (https://www.lebensmittelklarheit.de/produktmeldungen/vollmundige-versprechen-fuer-kokosbluetenzucker-entfernt). Kokosblütenzucker sollte danach einen niedrigeren Glykämischen Index (GI) als Haushaltszucker haben und diesem deshalb mit Blick auf den Gesundheitswert überlegen sein. Das stimmt so jedoch nicht. Auch Verweise darauf, dass Kokosblütenzucker dank darin enthaltener Vitamine und Mineralstoffe Zucker in Bezug auf seinen Nährwert überlegen sei, dürften unzulässig sein. Der Grund: Um ernährungsphysiologisch signifikante Mengen dieser Nährstoffe aufzunehmen, müsste man Zuckermengen verzehren, die weit über den Ernährungsempfehlungen, etwa der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), liegen. Laut Artikel 3 Buchstabe c Health Claims-Verordnung dürfen nährwertbezogene Angaben aber nicht zu einem übermäßigen Konsum anregen.

Im Fall verschiedener Snack-Artikel wie unter anderem Nüsse, die als „selenreich“ beworben waren, hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle eine solche Irreführung bereits bejaht. Das Gericht argumentierte, dass Nüsse typischerweise in Mengen unter 100 Gramm verzehrt würden und damit nicht gewährleistet sei, dass mit einer Portion tatsächlich eine signifikante Menge der beworbenen Nährstoffe aufgenommen werde (Urteil vom 06.06.2019, Az. 13 U 2/19).

In einem anderen Verfahren hatte das OLG Celle zudem die Bewerbung eines mit Honig gesüßten Diätdrinks bemängelt, der aufgrund seiner Süßung mit Honig anstelle von Zucker den Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigen lassen sollte. Aufgrund des hohen Fruktoseanteils von Honig könnte diese Werbung zwar zulässig sein. Allerdings war in der Werbung nicht erkennbar,  welcher konkrete Nährstoff den versprochenen Nutzen auslöst. Das aber schreibt die Health Claims-Verordnung vor (Urteil vom 06.09.2019, Az. 13 U 69/18).

Anforderungen an Nährwertangaben zu Zucker laut Anhang Health Claims-Verordnung

zuckerarm
feste Lebensmittel: max. 5 g Zucker pro 100 g
flüssige Lebensmittel: max. 2,5 g Zucker pro 100 ml
 

zuckerfrei
max. 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml
 

ohne Zuckerzusatz
Produkte, die keine zugesetzten Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner
süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthalten
Enthält das beworbene Lebensmittel von Natur aus Zucker, sollte das auf dem Etikett stehen.
 

zuckerreduziert
Reduzierung des Zuckeranteils um mindestens 30 % gegenüber einem vergleichbaren Produkt

Der Artikel ist erschienen in der Ernährung im Fokus Winterausgabe 04 2022.

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