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Die Aussage "klimaneutrales Produkt" weckt den Eindruck, dass dieses klimaneutral hergestellt wurde. Werden ausgleichende Maßnahmen finanziell unterstützt, muss darüber aufgeklärt werden.

blacksalmon / stock.adobe.com

Andernfalls ist die Werbung als irreführend zu beurteilen. Das hat das Landgericht (LG) Mönchengladbach mit Urteil vom 25. Februar 2022 entschieden (8 0 17/21).

Die Beklagte produziert Konfitüren. Einige ihrer Produkte trugen ein eigens gestaltetes Label mit der Aussage „klimaneutrales Produkt“. Darüber hinaus warb die Beklagte in einer Ausgabe der Lebensmittel-Zeitung mit dem blickfangmäßigen Hinweis „macht nachhaltig Eindruck“ sowie der Aussage ,,Klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker“. Die Wettbewerbszentrale hielt die Werbung für irreführend, weil nicht deutlich werde, wie die Klimaneutralität zustande kam. Die angesprochenen Verkehrskreise würden erwarten, dass der Produktionsprozess an sich klimaneutral ablaufe.

Nach Ansicht der Beklagten verbänden Bevölkerung wie Fachpublikum den Begriff „Klimaneutralität“ stets mit einer Kompensation von CO2-Emissionen. Entsprechend würde sie die Klimaneutralität ihrer Produkte durch finanzielle Unterstützung von Aufforstungsprojekten in Südamerika erreichen. Das Gericht sah die Gefahr einer Irreführung gegeben. Aus Sicht der Kammer verstehen normal informierte und angemessen aufmerksame
Verbraucherinnen und Verbraucher die beanstandeten Angaben nicht so, dass das während der Herstellung des Produktes anfallende CO2 durch nachträgliche Maßnahmen kompensiert und damit lediglich unterm Strich Klimaneutralität erreicht werde. Zwar lasse sich diese Praxis als allgemein bekannt voraussetzen, jedoch brauche es in der Regel Zeit, um sich dessen bewusst zu werden. Die Verkaufssituation sei jedoch auf schnelle Botschaften und schnelle Entscheidungen gerichtet. Entsprechend werde die Aussage „klimaneutrales Produkt“ auf dem Etikett der Konfitüren für eine besondere Produkteigenschaft gehalten, die andere Konfitüren möglicherweise nicht hätten. Die Möglichkeit, dass die erwünschte Klimaneutralität durch kompensatorische Maßnahmen erreicht werden könne, beziehe der Durchschnittsverbraucher in der konkreten Situation nicht in seine Überlegungen mit ein.

Entsprechendes gilt nach Ansicht des Gerichts auch für die beanstandete Anzeige in der Lebensmittel-Zeitung. Denn auch Werbeanzeigen weckten in der Regel nur kurzfristig die Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppe, so das LG. Es sei also auch hier nicht zu erwarten, dass sich die Durchschnittsbevölkerung Gedanken darüber mache, wie die Klimaneutralität der beworbenen Konfitüre konkret erreicht würde. Für das Gerichtsurteil entscheidend war dabei auch, dass die Werbeanzeige keinerlei Anstoß zum Nachdenken gegeben hatte, wie die Klimaneutralität im vorliegenden Fall konkret erreicht wurde, etwa in Form eines Hinweises. Auch hier stellte das Gericht auf das Verständnis der Allgemeinbevölkerung ab, wenngleich sich die Lebensmittel-Zeitung primär an Gewerbetreibende, also ein möglicherweise besser informiertes Fachpublikum, richtet.

Der Artikel ist erschienen in der Ernährung im Fokus Frühlingsausgabe 01 2023.

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