Milch: Im Stall

Über Milch als landwirtschaftliches Erzeugnis und das Tierwohl von Milchkühen

In einem großen offenen Stall frisst eine lange Reihe von Kühen Futter. © littlewolf1989 – stock.adobe.com
  • Deutschland erzeugt mit immer weniger Betrieben mehr Kuhmilch als jedes andere Land in der EU.
  • Tierwohl und Wirtschaftlichkeit sind wichtig, damit sich die Milchviehhaltung überhaupt lohnt.
  • Die meisten Kühe stehen in offenen Laufställen, denn eine Weidehaltung kostet vor allem mehr Zeit und Geld.
  • Bio-Kühe müssen in der Regel von April bis Oktober auf der Weide sein.
  • Milch aus kuhgebundener Kälberhaltung ist teurer, weil diese Haltung aufwendig ist und weniger Milch erzeugt.

Kuhmilch aus Deutschland

Kuhmilch ist das wichtigste Produkt der deutschen Landwirtschaft. Jeder fünfte Hof hält Milchkühe. Deutschland ist damit vor Frankreich und den Niederlanden das größte Erzeugerland von Kuhmilch in der EU.

Die Struktur der Milchviehbetriebe wandelt sich seit Jahrzehnten. Immer weniger Betriebe – 2024 erstmals unter 50.000 – erzeugen mit insgesamt weniger Tieren große Mengen Milch: im Jahr 2024 mit 3,6 Millionen Kühen rund 34 Millionen Tonnen. Knapp sieben Prozent der Milchkühe leben auf Bio-Bauernhöfen. Statistisch steigt auch die Zahl der Kühe pro Stall und die Menge Milch, die eine Kuh gibt.

Warum ist das so? Weil Milchviehhaltung trotz inzwischen leicht steigender Erzeugerpreise nur wirtschaftlich ist, wenn sie möglichst effektiv ist. Manche Betriebe geben auch auf, weil Arbeitskräfte oder Nachfolgerinnen und Nachfolger fehlen.

Hätten Sie’s gewusst? Eine Milchkuh gibt im Schnitt 28 Liter Milch pro Tag, manche geben sogar 40 Liter. Dafür benötigt die Kuh täglich rund 50 Kilogramm Futter und 160 Liter Wasser.

Das Tierwohl im Mittelpunkt

Ob auf einer kleinen Alm oder in einem modernen Stall: Nur eine Kuh, der es gut geht, gibt dauerhaft viel gute Milch. Das Tierwohl von Milchkühen haben Bauern und Bäuerinnen daher auch aus eigenem Interesse im Blick. 

Doch was heißt eigentlich Tierwohl? Woran erkennt der Mensch, wie es einer Kuh geht? Dafür gibt es viele Indikatoren, mit denen sich einzelne Tiere oder eine Herde beurteilen lassen: Sind Euter und Tiere insgesamt gesund? Zeigen sie ein normales Ruhe-, Bewegungs- und Sozialverhalten? Wie sehen die Haltung und das Management auf dem Betrieb aus?

Bei der Beantwortung dieser Fragen und einer artgerechten Haltung helfen landwirtschaftliche Beratungsdienste, tierärztliche Praxen sowie wissenschaftliche und technologische Fortschritte. Ganz neue Möglichkeiten bieten heute digitale Tools und Apps, die viele Daten sammeln, auswerten und auch in die Forschung zum Tierwohl einfließen lassen.

Ohne Kälber keine Milch

Um Milch zu geben, müssen Kühe etwa einmal im Jahr ein Kalb bekommen. Es wird meist zeitnah von der Mutterkuh getrennt, so dass sich erst gar keine Bindung aufbauen kann. 

Der Hauptgrund für dieses Vorgehen ist wirtschaftlicher Art: Wenn Kälber rund um die Uhr mit ihren Müttern zusammen sind, trinken sie einen großen Teil der Milch, die auch verkauft werden könnte. Speziell die Zahl der Bio-Betriebe, die Kühe und Kälber beisammen lassen, steigt aber seit einiger Zeit zugunsten des Tierwohls an. Das ist jedoch nur dann rentabel, wenn sie für die verbleibende Milch und die Aufzucht der Kälber mehr Geld bekommen. 

Einkaufstipp: Wenn Sie die kuhgebundene Kälberaufzucht fördern möchten, können Sie entsprechende Milch kaufen. Die gibt es auf betreffenden Bauernhöfen mit Direktvermarktung oder in Bio-Läden. Am besten fragen Sie außerdem an Ihrem Einkaufsort aktiv nach solchen Produkten.

Auf der Weide oder im Stall?

Milchkühe werden vor allem in Regionen mit viel Grünland gehalten wie in Bayern oder entlang der Nordseeküste. Denn anders als Schweine oder Hühner können sie Gras direkt von der Weide und als Heu oder Silage (fermentiertes Gras) verdauen. 

In Bayern haben kleine Betriebe wie Bergbauernhöfe und Almen manchmal Anbindeställe. Laut Tierschutzrecht ist heute bei bis zu 50 Tieren eine Kombihaltung erlaubt: Anbinden im Stall ist möglich, wenn die Kühe in der Weidezeit Zugang zur Weide haben, außerhalb mindestens zweimal wöchentlich.

Die meisten Kühe leben heute in offenen Ställen mit Bereichen zum Fressen, Liegen und Bewegen – manchmal mit einem extra Außenbereich. Darin können sie sich frei zwischen Boxen mit Matten oder Stroh, rotierenden Kuhbürsten, Wassertränken und eventuell Melkrobotern bewegen.

Nur vergleichsweise wenige Betriebe – vor allem kleinere im Norden und Westen Deutschlands – bringen ihre Kühe auf die Weide; vorausgesetzt, es sind keine großen Straßen im Weg und es ist nicht zu heiß. Der Mehraufwand für den täglichen Weidegang und das Bauen und Instandhalten von Zäunen, Toren und Triebwegen rechnet sich nur, wenn es entsprechend angemessen mehr Geld für die Milch gibt.

Der Tag einer Milchkuh

Der Boxenlaufstall des Betriebs Schmidt

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Was ist anders auf dem Bio-Hof?

Für Bio-Milchviehbetriebe gelten nochmals höhere Anforderungen als für konventionelle Betriebe. Diese sollen Tier und Umwelt durch weitere Maßnahmen stärker schützen. Hier ein paar Beispiele:

  • Je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche dürfen nur zwei Milchkühe und zwei Mutterkühe gehalten werden.
  • Das Futter muss aus ökologischer Erzeugung stammen, möglichst vom eigenen Hof.
  • Jede Kuh muss im Stall rechnerisch mindestens sechs Quadratmeter Platz haben.
  • Für Bio-Milchkühe ist ein größerer Umfang für Weidehaltung und Auslauf vorgeschrieben.
  • Die Kälber erhalten mindestens drei Monate natürliche Kuhmilch, vorzugsweise Muttermilch.
  • Die Hörner dürfen nicht routinemäßig entfernt werden.
  • Es werden weniger Medikamente verabreicht, weil das Bio-Recht zum Beispiel eine vorsorgliche Gabe von Antibiotika verbietet.

Diese Regelungen verursachen mehr Arbeit und Kosten oder bewirken, dass die Kühe weniger Milch für den Verkauf geben. Daher benötigen Landwirtinnen und Landwirte mehr Geld für ihre Bio-Milch, um genug Einkommen zu erzielen.


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