- Der „Essbare Arrenberg“ in Wuppertal beeindruckt mit einem Feuerwerk an Ideen zu nachhaltiger Ernährung im Quartier.
- Ulrich Christenn erzählt Sebastian H. Schröder, wie sein Stadtteil in fünfzehn Jahren zum Vorzeigeprojekt für gutes Essen in Gemeinschaft wurde.
- Kreative Ideen von der Nachbarschafts-Küche bis zum Salatanbau im Übersee-Container motivieren zum Nachmachen.
„Aufbruch am Arrenberg"
Was wäre, wenn sich Wohnungen und Gärten in der Nachbarschaft für einen Tag lang in private Restaurants für alle verwandeln? Wenn ein Stadtteil jede Woche 1.000 Köpfe eigenen Salat erntet? Oder wenn Menschen mit Wurzeln in 80 Ländern gemeinsam mit geretteten Lebensmitteln kochen? Dann würde sich das Klima im Quartier spürbar verbessern und das Quartier aktiv zur Bewältigung der Klimakrise beitragen.
All dies ist im Wuppertaler Stadtteil Arrenberg gelebte Realität. Mit vielen Ideen rund um klimaneutrales, nachhaltiges, regionales und faires Essen. Die gesamte Atmosphäre im Viertel hat sich gewandelt. Nicht nur, aber ganz oft über das Thema Ernährung und Genuss. Denn hier lautet das Motto: „Gutes Klima fängt beim Essen an!“
Was mit einer einzelnen Idee begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem Klimaquartier und Vorzeigeprojekt mit großer Außenwirkung entwickelt – auch dank unermüdlicher Menschen wie Ulrich Christenn, die ihre Erfahrungen gerne an andere weitergeben.
Vom „Essbaren Arrenberg" in den Stadtrat
Ulrich Christenn war fast von Anfang an dabei. Im BZfE-Podcast begeisterte er Host Sebastian H. Schroeder mit Geschichten aus fünfzehn Jahren. Etwa darüber, wie sie einen leerstehender Supermarkt zum Veranstaltungsraum „Aufbruch“ umbauten, dem heutigen Herz des Quartiers. Christenn ist Wuppertaler mit Leib und Seele, Theologe und Fundraiser bei der Diakonie. Sein Engagement für den Arrenberg ist kein Zufall. Denn beruflich wie privat geht es ihm darum, gutes Essen für alle zugänglich und bezahlbar zu machen. Das führt zu seinem zweiten Herzensthema: Einer nachhaltigen Ernährung. Er engagiert sich nicht nur im Quartier, sondern hat den Wuppertaler Ernährungsrat mitgegründet und ist auch noch politisch als Mitglied im Stadtrat aktiv. Dort setzt er sich auch dafür ein, dass Kantinen und Mensen nachhaltiger kochen und Veranstaltungen weniger Müll produzieren.
Restaurant Day – einfach mal machen
Wie lernt eine Idee laufen? Ein Paradebeispiel ist der „Restaurant Day“. Dabei eröffnen Privatleute an einem Tag eine Art Pop-Up-Restaurant und kochen in den eigenen vier Wänden für die Nachbarschaft. Die Gäste zahlen einen kleinen Beitrag, man kommt ins Gespräch und genießt zusammen.
„Der Restaurant Day war so ein Tipping Point und hat hier im Viertel total viel verändert“, sagt Ulrich Christenn. „Das fing erst sehr klein an und es war total mühsam, Leute davon zu überzeugen, öffne mal deine Privaträume für wildfremde Leute.“ Doch dann haben sie es einfach ausprobiert.
Für Christenn kann es so funktionieren: Wenn sich Menschen gegenseitig für eine Sache begeistern und dann auch ganz konkret den ersten Schritt planen und loslegen. Oft scheitere es nicht an der Fülle an Ideen, sondern daran, wirklich „zu machen”. Hier gehen die Menschen vom Arrenberg mit gutem Beispiel voran und laden zum Nachmachen ein.
BZfE-Podcast „Foodsteps“: Folge 1
Das BZfE war mit Podcast-Host Sebastian H. Schroeder zu Besuch am Arrenberg und hatte einen inspirierenden Tag. So entstand die erste Folge des neuen Podcast „Foodsteps: Nachhaltigkeitsstorys aus dem Bundeszentrum für Ernährung”: Aufbruch am Arrenberg: Ein Stadtteil macht's vor.
Hören Sie rein und erfahren Sie, wie gutes und nachhaltiges Essen Schritt für Schritt das Leben im Quartier verändert hat:
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Ehrenamt muss sich lohnen
Am Arrenberg läuft vieles ehrenamtlich. Doch auf Dauer muss es irgendwann wirtschaftlich sein. Sonst hat es keine Zukunft. So trifft die oft sehr kleinteilige Logistik beim Lebensmittelretten oder der Vermarktung des eigenen Salats auf die optimierten Strukturen von Handel und Industrie.
Im besten Fall entwickeln sich aus solchen Initiativen tragfähige Geschäftsmodelle. Die zeigen dann, wie Veränderung in der Esskultur im Kleinen gelingt und gleichzeitig Einkommen schafft.
Viele Projekte für ein Ziel
Über fünfzig Projekte finden sich auf der Arrenberg-Website. Wer eine Idee umsetzen möchte, kann sich dort anmelden und sie als neues Projekt anlegen. Hier vier Beispiel vom „Essbaren Arrenberg":
© Aufbruch am Arrenberg e. V.
Hier sind Menschen jeden Alters und jeglicher Herkunft zum gemeinsamen Kochen und Essen willkommen. Die Küche im Stadtteilzentrum besteht komplett aus umgebauten alten Transportkisten. Zu den Zutaten für das Drei-Gänge-Menü gehören auch gerettete Lebensmittel.
In einem umgebauten Übersee-Container wächst Salat nach dem Prinzip des Vertikal Farming. Pro Woche werden hier bis zu 1.000 Salatköpfe erntereif. Das Projekt dient auch dem Lernen: Wie funktioniert Lebensmittelproduktion in der Stadt? Welche Sorten gedeihen am besten? Und wie bringt man den Salat unter die Leute.
Am „Essbaren Arrenberg“ hat Lebensmittel retten eine lange Tradition. Eine bunte Truppe Helfender vom Studenten bis zur Rentnerin sammelt aussortierte Lebensmittel in umliegenden Läden und verteilt sie im „Aufbruch“. In Mittelpunkt steht der Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung. Doch auch das Soziale zählt: Lebensmittel teilen, Begegnungen schaffen und gemeinsam anpacken.
Über eine Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) bekommen alle Mitglieder einmal in der Woche saisonales Bio-Gemüse, -Obst und Milchprodukte. Die Lebensmittel stammen vom Hof Vorberg, nur dreizehn Kilometer entfernt. Wie viel jedes Mitglied bezahlt, wird einmal im Jahr in einem geheimen Bieterverfahren festgelegt. Wer weniger geben kann, wird durch höhere Beiträge der anderen aufgefangen. Der Hof profitiert von einem gesicherten Einkommen und kann verlässlich planen.
Podcast „Foodsteps: Nachhaltigkeitsstorys aus dem Bundeszentrum für Ernährung”
Jede Woche eine neue Folge auf der BZfE-Seite Podcast oder auf allen gängigen Podcast-Plattformen.




