Warum kam das Jod eigentlich ins Salz?

Die Entdeckung des Jodmangels

Eine Frau gibt mit einer Salzmühle Salz an eine Schüssel mit Salat. © New Africa – stock.adobe.com

(BZfE) – Wer im Supermarkt Speisesalz kauft, findet oft mit Jod angereichertes Salz, kurz „Jodsalz“. Warum wird gerade das Lebensmittel Salz mit Jod angereichert? Dahinter verbirgt sich eine wichtige staatliche Gesundheitsmaßnahme und eine längere (Medizin-)Geschichte. Aber fangen wir vorne an. 

Jod ist ein lebenswichtiges Spurenelement und muss regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. Es ist unverzichtbar für die Bildung der Schilddrüsenhormone, die im Körper zahlreiche Stoffwechselvorgänge steuern. Sie sind von großer Bedeutung für das Wachstum, die körperliche und geistige Entwicklung sowie das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Das ist heute bekannt, aber das war nicht immer so. 

Vor allem in den Deutschen, Österreichischen und Schweizer Alpenregionen war der Kropf früher sehr weit verbreitet. Er ist Zeichen eines chronischen Jodmangels und entsteht, wenn der Körper versucht, einem drohenden Hormonmangel durch fehlendes Jod über den Aufbau von mehr Schilddrüsengewebe entgegenzuwirken. 

Warum trat und tritt Jodmangel vor allem in den europäischen Alpenregionen auf? Das Schmelzwasser der letzten Eiszeit wusch den Mineralstoff Jod im Laufe der Jahrtausende aus den Böden aus. Die Folge: Pflanzen, die auf diesen Böden wachsen, sind arm an Jod und liefern Menschen und Tieren, die sie essen, so gut wie kein Jod. Tierische Lebensmittel wie Milch und Eier sind heute nur deshalb Jodquellen für den Menschen, weil dem Futter im Sinne der Tiergesundheit Jod zugesetzt wird. 

Es dauerte sehr lange, bis man herausfand, warum überhaupt ein Kropf und andere – deutlich schwerere – Mangelkrankheiten wie etwa Kretinismus entstehen. Letzterer zeichnet sich durch geistige und körperliche Entwicklungsstörungen, Kleinwuchs und Missbildungen aus.

Zwar gab es die ersten Berichte darüber, dass die Gabe von Jod die Schilddrüse abschwellen lässt, bereits kurz nach der Entdeckung des Spurenelements in den 1820er-Jahren. Doch zu jener Zeit herrschte die medizinische Auffassung vor, dass es sich bei einer Krankheit um ein „Zuviel“ eines Stoffes handeln müsse (zum Beispiel bei Infektionen zu viele Bakterien) – nicht um ein „Zuwenig“, wie es später die moderne Jodmangeltheorie beschrieb.

Es dauerte noch gut 100 Jahre bis neben der Quantität, also der ausreichenden Energieversorgung, auch die Qualität der Ernährung und mit ihr Vitamine und Mineralstoffe in den Fokus rückten. Von einem Schweizer Landarzt stammte dann zuerst die Idee, dass Jod als Nahrungsbestandteil fehlen könnte. Aufgrund der Beobachtung seiner Patientinnen und Patienten gelangte er zu dem Schluss, dass ein Kind, das entwicklungsgeschädigt zur Welt käme, schon im Bauch der Mutter an Jodmangel leiden müsse. 

Ein weiterer Schweizer Hausarzt schloss sich dieser Theorie an, passte sie an und untermauerte sie: Ab 1918 führte er systematisch Tests durch. In einem abgelegenen, stark von Jodmangel betroffenen Bergdorf wählte er mehrere Familien aus, die er mit Jodsalz versorgte. Einige Monate später kontrollierte er die Ergebnisse und stellte fest: Die Schilddrüsen der Betroffenen waren deutlich kleiner als zuvor. Die Tests wurden in weiteren Dörfern mit positiven Ergebnissen durchgeführt.

In der Folge begannen sich die Schweizer Bundesbehörden für die Jodversuche zu interessieren. In einer „Kropfkommission“ wurde beraten, ob und wie das Jodsalz im ganzen Land verteilt werden sollte. Schließlich empfahl die Schweizer Kropfkommission 1922 den Kantonen offiziell, jodiertes Speisesalz zu verwenden. Die erste systematische Nahrungsmittelanreicherung weltweit war geboren. Salz wird und wurde als Trägermedium gewählt, weil Haushalte es üblicherweise täglich nutzen. Es ist preiswert, haltbar, überall verfügbar und wird nur in kleinen Mengen verwendet.

Hierzulande ist Jodsalz seit 1959 verfügbar, zunächst als diätetisches Lebensmittel. Jodsalz-Verpackungen waren durch den Aufdruck „nur bei ärztlich festgestelltem Jodmangel“ gekennzeichnet. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Deutschland als Jodmangelgebiet eingestuft hatte, begann 1981 eine breit angelegte Jodmangelprophylaxe. Seit Ende der 1980er-Jahre gilt Jodsalz als „Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs“ und kann im Privathaushalt, in der Lebensmittelherstellung und im Außer-Haus-Verzehr verwendet werden. 

In erster Linie verwendet man Kalium- oder Natriumjodat zur Salzanreicherung. Der gesetzlich festgelegte Jodgehalt liegt in Deutschland zwischen 15 und 25 Milligramm (mg) Jod pro Kilogramm (kg) Speisesalz. Die Jodmenge ist so gewählt, dass bei einer üblichen Salzaufnahme gesundheitliche Beeinträchtigungen für gesunde Menschen und Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen jeden Alters sehr unwahrscheinlich sind.

Salzspezialitäten wie z. B. Himalaya-, Hawaii- oder Meersalz sowie Fleur de Sel tragen übrigens kaum zur Jodversorgung bei. Nicht jodiertes Speisesalz enthält im Durchschnitt rund 2 mg Jod pro kg Salz. Das reicht nicht aus, um die Deckung des Jodbedarfs nennenswert zu unterstützen. Jodiertes Speisesalz bietet etwa die 10-fache Menge des lebensnotwendigen Spurenelements. Es gilt also: Wenn Salz, dann Jodsalz.

Rüdiger Lobitz und Dr. Birgit Jähnig, bzfe.de 

Weitere Informationen: 

BZfE: Wenn Salz, dann Jodsalz - Weniger Salz, mehr Kräuter und Gewürze für die Gesundheit

BMLEH: Wenn Salz, dann Jodsalz

BMLEH: Jod – ausgewählte Zahlen und Fakten 

DGE: Referenzwerte Jod

Arbeitskreis Jodmangel 

Spektrum.de: Kleine Geschichte von drei Schweizer Ärzten, die den Kropf ausmerzten

(Bildquelle: © New Africa – stock.adobe.com)