- Weltweit beschäftigen sich Forschende damit, wie eine Ernährung aussehen kann, welche die Gesundheit von Mensch und Erde gleichermaßen fördert.
- Die 2024 veröffentlichten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zielen sowohl auf Gesundheit als auch auf Nachhaltigkeit ab.
- Bereits im Jahr 2019 zeigte das Modell der Planetary Health Diet, wie 10 Milliarden Menschen innerhalb der sogenannten planetaren Grenzen ernährt werden könnten.
- Damit Empfehlungen für gesundes und nachhaltiges Essen von möglichst vielen Menschen umgesetzt werden, ist es wichtig, typische Essgewohnheiten zu berücksichtigen.
Klima- und Umwelteffekte der Ernährung
Wissenschaftliche Studien zeigen immer klarer, in welchem Maße unser Ernährungssystem die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde beeinflusst. Laut einem Bericht der EAT-Lancet-Kommission, an dem auch das Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt war, sind Lebensmittelerzeugung und -konsum wesentliche Treiber für das Überschreiten von mindestens fünf der neun sogenannten planetaren Grenzen und verursachen rund 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Wenn wir die Lebensgrundlagen für alle Menschen auf der Erde sichern möchten, sollten wir also anders essen und Lebensmittel auch anders produzieren. Wie das aussehen könnte, haben nationale und internationale Gruppen von Forschenden mithilfe von Modellen berechnet. Herausgekommen sind mehrere lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen, wie auch die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).
Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen der DGE
Die DGE ist eine unabhängige wissenschaftliche Fachgesellschaft, die unter anderem die Ernährungsempfehlungen für Deutschland erarbeitet. Nachdem die „10 Regeln für eine vollwertige Ernährung“ lange Zeit den Fokus auf die Gesundheitsförderung gelegt hatten, kamen in den vergangenen Jahren auch Nachhaltigkeitsaspekte hinzu. Bei den im März 2024 veröffentlichten lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen (FBDG = Food-Based Dietary Guidelines) wurden Gesundheit und Nachhaltigkeit erstmals gleichermaßen berücksichtigt. Dazu wurden die Treibhausgasemissionen und der Flächenbedarf von Lebensmitteln sowie aktuelle Erkenntnisse zur gesundheitlichen Wirkung einzelner Lebensmittelgruppen in ein mathematisches Optimierungsmodell einbezogen, um konkrete Empfehlungen wissenschaftlich ableiten zu können. Perspektivisch will die DGE weitere Umweltwirkungen mitbetrachten.
National: Gesunde und nachhaltige Ernährung für Deutschland
Die Mengenempfehlungen der DGE für Lebensmittel aus den verschiedenen Gruppen gelten für gesunde Erwachsene von 18 bis 65 Jahren, die sich moderat bewegen, und beschreiben eine Idealsituation.
Eine optimale Ernährung nach den DGE-Empfehlungen „Gut essen und trinken“ besteht zu mehr als drei Vierteln aus pflanzlichen und zu knapp einem Viertel aus tierischen Lebensmitteln. Die Grundlage bilden Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und pflanzliche Öle. Ergänzend gibt es Milch und Milchprodukte, Fisch, Ei und – wenn gewünscht – auch etwas Fleisch und Wurst. Als Wegweiser mit Beispielen für eine optimale Lebensmittelauswahl dient der DGE-Ernährungskreis.
Agronomische Abhängigkeiten
Das Modell der DGE berücksichtigt auch sogenannte agronomische Abhängigkeiten. Diese beschreiben die Wechselwirkungen zwischen den Ernährungsempfehlungen und der landwirtschaftlichen Erzeugung. So wird außer Milch natürlich auch Rindfleisch produziert, wenn Milchkühe gehalten werden. Daher wird der Verzehr dieses Fleischs vorausgesetzt.
© DGE
International: Die Planetary Health Diet
Ein Meilenstein für Ernährungsempfehlungen, die Gesundheit und Nachhaltigkeit gleichermaßen berücksichtigen, war die Veröffentlichung der sogenannten Planetary Health Diet (PHD) im Jahr 2019. Sie war Teil eines Berichts der internationalen Eat-Lancet-Kommission, der als wissenschaftliche Grundlage für nachhaltige Ernährungssysteme auf der ganzen Welt dienen sollte. Auch die DGE-Empfehlungen orientieren sich an dem Modell der PHD, genau wie beispielsweise die nationalen Ernährungsempfehlungen von Dänemark, Schweden und den Niederlanden.
Der allgemeingültige Referenzrahmen für eine gesunde und umweltgerechte Ernährungsweise wurde 2025 in einem Update weitestgehend bestätigt, und nur an wenigen Stellen leicht angepasst: So wurden regionale Ernährungsmuster und Versorgungsdaten berücksichtigt, sodass die Bevölkerung in jedem Land der Erde die Ernährungsempfehlungen noch flexibler umsetzen kann.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Während die Planetary Health Diet (PHD) einen globalen Ansatz verfolgt, der in verschiedenen Weltregionen anwendbar ist, wurden die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE speziell für Deutschland entwickelt. Neben Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekten wurden auch typische Ernährungsmuster sowie die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland miteinbezogen. Trotz der unterschiedlichen Ansätze ist die Gesamtausrichtung der nationalen und internationalen Empfehlungen für eine gesunde und ökologisch nachhaltige Ernährungsweise recht ähnlich. Die Mengenangaben für die verschiedenen Lebensmittelgruppen unterscheiden sich jedoch, zum Beispiel bei Milch und Milchprodukten: Sie sind ein sehr effizienter Weg um den Bedarf an wichtigen Nährstoffen wie Calcium zu decken. Daher liegt hier die empfohlene Menge höher als in der PHD. Allerdings gilt das nur für den absoluten Referenzwert. Zusätzlich wird in der PHD nämlich eine Spanne angegeben, die bei Milch und Milchprodukten von null bis 500 Gramm pro Kopf und Tag reicht. Damit sind in Ländern mit traditionell hohem Milchkonsum wie Deutschland auch höhere Mengen akzeptabel.
Lebensmittelmengen im Vergleich
Tägliche Verzehrmengen in Gramm.
| DGE (2024) | PHD (2025) | |
|---|---|---|
| Kalorien in kcal | 2.029 | 2.500 |
| Gemüse | 245 | 300 (200-600) |
| Obst | 300 | 200 (100-300) |
| Hülsenfrüchte | 5 | 75 (0-150) |
| Nüsse | 13 | 50 (0-75) |
| Getreide | 309 | 210 |
| Kartoffeln | 37 | 50 (0-100) |
| Eier | 12 | 15 (0-25) |
| Milch und Milchprodukte (in Milchäqivalenten) | 394 | 250 (0-500) |
| Fisch | 18 | 30 (0-100) |
| Geflügel | 23 | 30 (0-60) |
| Rotes Fleisch | 11 | 15 (0-30) |
© BLE – Thomas Stephan
Erläuterungen zur Tabelle
In der Tabelle sind die Ergebnisse der mathematischen Optimierung aus dem DGE-Modell den Lebensmittelmengen der Planetary Health Diet gegenübergestellt. Dieser Vergleich wird für wissenschaftliche Zwecke empfohlen. Für die Ernährung in der Praxis hat die DGE Orientierungswerte auf ihrer Website veröffentlicht. Sie ergänzen die grafische Darstellung des Ernährungskreises und zeigen beispielhaft, wie eine gesunde und ökologisch nachhaltige Lebensmittelauswahl aussehen kann.
Sowohl in der Planetary Health Diet als auch von der DGE werden die Mengen an Milch und Milchprodukten als Milchäquivalente angegeben. Dafür wird berechnet, wieviel Milch in die Herstellung der jeweiligen Milchprodukte eingegangen ist.
Realistische Empfehlungen für mehr Akzeptanz
Vergleicht man die Ernährungsempfehlungen mit dem, was die Menschen in Deutschland tatsächlich essen, wird schnell klar: Zwischen Theorie und Praxis klafft eine große Lücke. Wichtig ist, die Empfehlungen nicht als starre Vorgaben zu verstehen, sondern als Orientierungswerte. Denn das Entscheidende für eine gesunde, klima- und umweltfreundliche Ernährung ist nicht, genau nach Plan zu essen, sondern Schritte in die richtige Richtung zu machen. Dafür müssen neben vielen anderen Fragen von Lebensstil und anderen individuellen Erwägungen auch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen.
Eine weitere zentrale Voraussetzung dafür, dass die Menschen in Deutschland so essen, wie es gleichermaßen gut für ihre Gesundheit und die des Planeten Erde ist, ist die Akzeptanz der Empfehlungen. Aus diesem Grund spielen die typischen Essgewohnheiten im DGE-Modell eine große Rolle und werden mit 40 Prozent sogar stärker gewichtet als die Aspekte Gesundheit und Nachhaltigkeit (jeweils 30 Prozent). Dahinter steckt der Gedanke, dass die Bevölkerung eher zu Veränderungen bereit ist, wenn sie ihre Ernährung nicht radikal ändern soll. An kleinen Schrauben zu drehen, soll die Akzeptanz erhöhen.
Video: Die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE
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Quelle: Quarks Studio | ARD
