(BZfE) – Ein Apfel vom Baum am Feldrand, ein paar Erdbeeren direkt vom Acker – was nach einer harmlosen Versuchung aussieht, gilt rechtlich schon als Diebstahl. Selbst das Mitnehmen kleinster Mengen ist nicht gestattet. Doch es gibt Ausnahmen und Initiativen, bei denen Naschen erlaubt oder sogar erwünscht ist.
Auch in früheren Zeiten war das Pflücken von Obst und Gemüse am Wegesrand nicht straffrei. Wer geringe Mengen für den sofortigen Verzehr entwendete, musste aber nur mit einer milden Strafe rechnen. Dieser „Mundraub-Paragraph“ wurde 1975 abgeschafft, und seitdem gilt das unerlaubte Mitnehmen fremderzeugter Früchte als Diebstahl. Der Grund: Landwirtinnen und Landwirte sind auf den Verkauf ihrer Ernte angewiesen. Selbst Erntereste wie liegengebliebene Kartoffeln dürfen nicht einfach eingesammelt werden („Stoppeln“), da sie als Dünger und für den Humusaufbau in den Boden eingearbeitet werden.
Anders verhält es sich mit wildwachsenden Pflanzen, bei denen das Pflücken kleiner Mengen für den Eigengebrauch erlaubt ist. Dazu zählen zum Beispiel Brombeeren, Holunderblüten, Nüsse und Bärlauch, aber auch viele essbare Pilze. Bei Wildkräutern gilt die sogenannte Handstraußregel: Was zwischen Daumen und Zeigefinger passt, darf mitgenommen werden. Wichtig ist jedoch, die Kräuter genau zu bestimmen. Ansonsten besteht die Gefahr, essbare mit giftigen Pflanzen zu verwechseln und seltene oder geschützte Arten zu gefährden.
Eine besondere Aktion gibt es in manchen Privatgärten und auf Streuobstwiesen: Wenn Obstbäume mit einem gelben Band um den Stamm markiert sind, darf kostenlos und ohne Rücksprache gepflückt werden – aber nur Mengen für den eigenen Bedarf und mit Rücksicht auf den Erhalt der Natur und Bäume. So werden mehr Obstbäume vollständig abgeerntet und die wertvollen Früchte verwertet.
Auch Plattformen wie Mundraub.org helfen, freigegebene Flächen zu finden. Manche Städte und Gemeinden pflanzen sogar essbare Bäume und Sträucher im öffentlichen Raum, deren Früchte jedem zur Verfügung stehen. Hinzu kommen Selbsternte-Felder, auf denen man Erdbeeren und anderes Obst für einen geringeren Preis selbst pflücken kann – und dabei darf meist auch genascht werden.
Heike Kreutz, bzfe.de
Weitere Informationen:
Bundesinformationszentrum Landwirtschaft: Mundraub und Stoppeln – was ist erlaubt?
Zu gut für die Tonne!: Ernteaktion „Gelbes Band“ – hier darf geerntet werden
BZfE: Der Saisonkalender