Mini-Portionen im Trend?

Auswirkungen der Abnehmspritze

Auf einem weißen Teller liegt in der Mitte eine sehr kleine Portion Spaghetti mit einigen Tomatenwürfeln und Basilikum dekoriert, daneben Löffel und Gabel. © Inga Nielsen – stock.adobe.com

(BZfE) – Zur Behandlung von Typ-2-Diabetes gibt es seit fast 20 Jahren sogenannte „Glucagon-like-Peptid-Rezeptoragonisten“ (GLP-1-RA). Diese mussten Diabetikern damals täglich gespritzt werden. Der Wirkstoff führt durch die Stimulation des Sättigungsgefühls sowie das geringere Verlangen nach fetthaltiger Nahrung zu einer Gewichtsreduktion, gewissermaßen als Nebenwirkung. 2019 wurde der erste orale Wirkstoff „Semaglutid“ zugelassen. Als Elon Musk 2022 auf Twitter erklärte, er habe Dank Semaglutid und Diät 13 Kilogramm abgenommen, kam der Hersteller mit der Produktion des Wirkstoffes nicht mehr hinterher. Millionen Menschen nutzen inzwischen das Arzneimittel „off-label“ zum Abnehmen, also außerhalb seiner offiziellen Zulassung.

Einem Artikel der New York Times zufolge nehmen acht bis zehn Prozent der US-Amerikaner derzeit GLP-1-RA-Präparate ein und 30 bis 35 Prozent haben Interesse an der Einnahme bekundet. Die Daten gehen aus einem im Oktober 2024 veröffentlichten Bericht eines Beratungsunternehmens hervor. In den USA hat sich die Gastronomie teilweise mit dem Angebot kleinerer Portionen darauf eingestellt, denn „Leute die GLP-1-RA nehmen, werden nicht essen gehen, es sei denn, ein Menü ‚funktioniert‘ für sie“, berichtet die New York Times. Auch das Verlangen nach Alkohol sei reduziert, was dazu führe, dass einige Restaurants Mini-Cocktails anbieten. Der Trend zu Miniportionen ist aber in den USA durchaus nicht einheitlich: Einige Restaurantbesitzer haben nicht das Bedürfnis, etwas zu ändern.

Wird der Trend zu kleineren Portionen in die deutsche Gastronomieszene überschwappen, wie einige Gastro-Berater glauben? Zunächst: Wie verbreitet hierzulande der Off-Label-Gebrauch zur Gewichtsreduktion ist, lässt sich schwer beziffern, da dieser über Privatverordnungen läuft. Dem Bundesministerium für Gesundheit liegen keine Verordnungszahlen für Arzneimittel vor, die in der Indikation „Gewichtsreduktion“ privat verschrieben werden. Es gibt allerdings Daten bezüglich der Einstellung gegenüber den Lifestyle-Medikamenten. Oviva, eine virtuelle Klinik für gewichtsbedingte Erkrankungen, veröffentlichte im Juli 2024 Ergebnisse einer repräsentativen Studie mit 2.500 Teilnehmenden. Danach hat ein Großteil der Verbraucherinnen und Verbraucher hierzulande Bedenken wegen möglicher Nebenwirkungen und Gesundheitsrisiken und 78,3 Prozent können sich die Verwendung von Abnehmspritzen nicht vorstellen, wobei Menschen mit Übergewicht dem gegenüber deutlich aufgeschlossener sind. Mit anderen Worten: Von amerikanischen Verhältnissen sind wir wohl weit entfernt. Die Gastronomieszene in den USA – dem Heimatland des Fast Food – ist auch nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar, denn in den USA ist die Systemgastronomie deutlich stärker verbreitet. Für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) ist Semaglutid und Co. nach telefonischer Auskunft übrigens kein Thema. 

Last but not least: „Wird der GLP-1-RA wieder abgesetzt, ist der Abnehm-Effekt vorbei. Im Prinzip bedeutet das für Patienten eine lebenslange Therapie“, so der Facharzt für Ernährungsmedizin Dr. Peter Kurz aus München. „Studienergebnisse bestätigten auch, dass GLP-1-Rezeptor-Agonisten immer in ein Konzept mit Lebensstilinterventionen eingebettet sein müssen. Es wird sonst auf Dauer nicht gelingen, das Gewicht zu stabilisieren und kurzfristige Effekte kennen Menschen mit Adipositas auch von anderen Maßnahmen.“

Rüdiger Lobitz, bzfe.de

Weitere Informationen:

BZfE: Abnehmspritzen unter der Lupe – teure Hilfe gegen Übergewicht mit Nebenwirkungen

Ernährungsradar: Abnehmspritzen – neue Hilfen gegen Übergewicht 

Ernährungsradar: Die Debatte um die Abnehmspritzen

Verbraucherzentrale: Marktcheck: kleine Portionen in der Gastronomie noch nicht Standard